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Tsapold‘s Tagebuch - Der Unglückswolf

Aktualisiert: 9. Aug. 2020


Es war ein schönes Gefühl, die anderen wieder zu treffen, selbst wenn es noch immer in dieser eintönigen und lebensfeindlichen Umgebung war. Die Anstrengungen im Himmelsturm waren wirklich etwas, was ich so nicht erwartet hatte, dennoch war es auf der anderen Seite derart beeindruckend und prägend, dass ich dieses Erlebnis für den Rest meines Lebens nicht vergessen werde. Wir erzählten den anderen die Geschichten über den Weg dorthin, als wir alle plötzlich flogen, den unglaublich riesigen und wunderschönen Eissegler, mit dem wir zurückgekommen waren, die Abschlachtung unzähliger Hochelfen und der lauernden Bedrohung unter dem Turm. Benjulf tat sein Bestes, die Geschichten mit seinen Illusionen stimmungsvoll zu unterlegen. Wir brachten ein paar Endurium Waffen mit, welche ebenso großäugig bestaunt wurden, wie Schnitzereien, die wir aus dem Palast der Mammutonschnitzer mitgebracht hatten. Abdul al Mazeret, den wir aus den Folterlaboren des Turms gerettet hatten, schien sich wieder etwas zu erholen, der Schock, den er erlitten hatte, war allerdings fatal für seinen geistigen Zustand. Es par praktisch unmöglich ein sinnvolles Gespräch mit ihm zu führen. Shaya nahm sich seiner an.


Phileasson war ebenso freudig, wie wir es waren, allerdings machte er uns bereits am Abend klar, dass es bereits am nächsten Tage in aller Früh au den Weg nach Riva gegen würde, denn dort wartete die nächste Aufgabe auf uns. So feierten wir dennoch so gut es unter diesen Umständen ging und legten uns dann schlafen.


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Riva, plötzlich eine Metropole

Phileasson entschied nur ein paar von der ganzen über dreißig man starken Besatzung mit nach Riva zu nehmen. Die anderen bekamen den Auftrag den Hochelfischen Eissegler See tauglich zu machen und diesen mitsamt dem Kopf des Gletscherwurms nach Thorwal zu fahren.


Wir machten uns seit langer Zeit mal wieder Richtung Süden auf und fuhren gen Riva. Der Weg dorthin verlief vergleichsweise angenehm und ohne besondere Vorkommnisse. Eventuell waren wir nun auch Schlimmeres gewohnt und ein paar höheren Wellen oder andere Unwegsamkeiten schienen plötzlich kein Hindernis mehr zu sein. Als wir dann in Riva einliefen, wurden wir direkt von einer kleinen Barkasse abgefangen, noch bevor wir die große Kette für die Hafeneinfahrt passieren konnten. Auf dieser Barkasse stand ein Herr, der sich als Doktor Barraculus vorstellte und uns klar machte, dass es auf Grund einer derzeit grassierenden Seuche Vorschrift sei, uns alle auf Anzeichen eben dieser Seuche zu untersuchen. Er war sehr freundlich und höflich, obgleich auch bestimmt und unbeeindruckt von unserer Geschichte und wo wir gerade herkamen. So untersuchte er uns, konnte aber natürlich nichts feststellen. Ich muss gestehen, dass ich ob dieser Untersuchung zum ersten Mal die Gelegenheit hatte unsere weiblichen Begleiterinnen nahezu unbekleidet erblicken konnte und mich nur schwerlich beherrschen konnte, nicht Nägel mit Köpfen zu machen. Ich könnte auch schwören, dass mein Anblick nicht unbeachtet geblieben war. In meinem Tagtraum verhaftet, erntete ich dann, vermutlich verdient, das Gelächter aller, da ich es versäumte, mich wieder anzukleiden und noch immer spärlich bekleidet und starrend vor allen Stand, wären wir schon fast im Hafen eingefahren waren.


Riva war eine kleine Stadt, die uns ob der langen Einsamkeit im Yetiland, wie eine Metropole vorkam. Es war lebendig und jede Menge anderer Leute gingen ihren Geschäften nach. Es war zu sehen, dass wir es alle genossen, nun, außer Syrixia vielleicht, wieder in ein besiedeltes Gebiet einzufahren. Als wir anlandeten, machten wir uns sofort auf die Suche nach einer Bleibe, welche keinen besonders großen Ansprüchen genügen musste. Nicht einmal mir. Am Abend gingen wir außer Phileasson, Ohm Volker und Shaya in die Taverne Nachtmar, die uns von allen vorhandenen Tavernen als die spaßigste erschien. Phileasson und Ohm Volker wollten der hiesigen Ottajasko ihre Aufwartung machen, während Shaya in den Travia Tempel ging, um unseren Besuch morgen vorzubereiten. Syrixia, Raluf und Yno blieben mit Abdul auf dem Schiff.


In der Taverne fand sich allerlei Gesindel und zwielichtiges Gesocks, aber auch Magier, ein paar Elfen und besser gestellte Menschen. Boris, der Wirt, ließ auf unser Geheiß hin auftischen und wir feierten bis der Laden schloss. Rondario geriet in einen Disput zweier Magierkollegen, welche wohl mit am Bau das Störebrand Kollegs beteiligt waren. Diese Unterhaltung verlief offenbar nach Rondarios Geschmack, denn er kehrte grinsend wieder zu unserem Tisch zurück, aber die beiden Magier waren nun noch heftiger am Diskutieren. Anschließend fanden sich Benjulf und ich noch im benachbarten Freudenhaus wieder, wo wir uns unseren fleischlichen Gelüsten hingeben konnten. In den Morgenstunden machten wir uns dann wieder auf den Weg in unser Gasthaus. Etwas laut waren wir offenbar, denn die anderen, die schon schliefen, bewarfen uns mit allem, was sie finden konnte. Benjulf scheiterte noch mit dem Versuch, mir einen Spiegel über das Nachtgemach zu zaubern, wobei einer herauskam, welcher Benjulf selbst in eindeutigen Posen zeigte. Wir lachten beide lauthals auf, was abermals den Zorn aller anderen auf uns zog.


Die nächste Aufgabe


Am nächsten Morgen brachen wir in aller Früh in den Travia Tempel auf. Etwas zerknirscht richteten wir uns alle her und trafen uns all vor der großen Eingangstüre wieder. Als wir klopften, machte uns Bruder Astorius auf und bat uns sogleich hinein. Syrixia blieb freiwillig draußen, denn sie erklärte, dass sie mit menschlichem Glauben nichts anfangen konnte.


Im Inneren brannte ein großes Feuer in der Mitte des Tempels und Shaya war noch mit den letzten Vorbereitungen beschäftigt. Wir alle unterhielten uns durcheinander, als wir etwas seltsames wahrnahmen. Ich zog meine Waffen, Gom tat es mir gleich. Die heimelige Stimmung änderte sich mit einem Mal und das Feuer wurde zu einer riesigen grünen Flammenwand. Shaya selbst lief wie benommen zu uns, ihre Augen waren vollkommen grün geworden. Noch bevor sie etwas sprechen konnte, nahm Benjulf reiß aus und verlies sturz artig den Tempel. Shaya jedoch breitete die Arme aus und sprach mit tiefer, sehr lauter Stimme:


„Wo die Knochen Sumus’ von vergangenen Zeiten singen, droht der gesichtslose Tod des Lebens Flammen zu löschen. Wappnet euch gut für einen Kampf, der nicht mit Stahl gefochten, da nahe scheint des ewigen Weges Ende. Geht des Wolfes Weg, denn er wird euch zur Erkenntnis führen“

Sofort danach brach sie bewusstlos zusammen und das Feuer wurde wieder zu dem gemütlich prasselnden Feuer, welches wir eingangs gesehen haben. Wir alle standen mit offenen Mündern da, nicht wissen, ob wir nun lieber flüchten oder uns einem Feind stellen sollten. Was mochte das gerade Gehörte bedeuten? Bruder Astorius war der erste der das Schweigen brach und bestätigte uns, dass wir Zeugen geworden waren, von der Göttin Travia selbst unsere Aufgabe bekommen zu haben. Allein dies sollte die Wichtigkeit hervorheben. Plötzlich brabbelten wir alle wie wild durcheinander und begannen damit, die Prophezeiung zu entschlüsseln.


Benjulf uns Syrixia hatten den Krach von draußen gehört. Ihnen lief ein Peraine Geweihter, Bruder Oasis, über den Weg, der bemerkte, wie aufgebracht zumindest Benjulf war. Er konnte nicht glauben, dass etwas dämonisches im Tempel vor sich ging und stürmte fassungslos durch die Türe. Sofort wurde er von Bruder Astorius in Empfang genommen, der beschwichtigte. Nun betraten auch Benjulf und Syrixia den Tempel. Bei all dem Trubel stand Abdul seelenruhig vor einer steinernen Säule und unterhielt sich mit dieser über die Unterschiede von Sand aus der Wüste Khom und der Gor.


Und wieder ging es los


Wir schlossen aus der Prophezeihung, dass es unsere Aufgabe war, nach Osten den Kvill und Nuran River entlang zu den Tenjos gegen sollten. Dort lagerte der Hocke Seiram Stamm der Nivesen, Crotett's Heimat. Diese sollten wir von den Zorganpocken befreien, der Seuche, welche bereits Doktor Barracus erwähnte. Crotett war sehr aufgebracht und drängte auf Eile. Wir rüsteten uns also so gut es ging aus, Hundeschlitten, Ponys, wir füllten unsren Verbandsvorrat wieder auf und versorgten uns mit dem gesamten in der Stadt verfügbaren Vorrat an Guldmondblättern. Bruder Osais gab uns diesen Hinweis, dass die Behandlung der Seuche mit Gulmond förderlich war. Ebenso soll die Rinde des Xorday Baumes hilfreich sein, jedoch ist dieser Baum nur in den südlichen Gefilden Aventuriens beheimatet. Bruder Oasis und Doktor Baracculus begleiteten uns, was wir sehr begrüßten, so waren beide mit der Heilung von Krankheiten und anderen Gebrechen vertraut. Das konnte uns sicher helfen.


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So zogen wir also wieder los, dieses Mal gen Osten. Als wir die Stadttore passierten sahen wir weite Steppe durch ein paar Bauminseln unterbrochen. Wegen des hohen Schnees konnten wir weder den Weg noch andere Merkmale der Landschaft erkennen. Einzig die Markierungen des Weges ragten aus dem Schnee heraus, welche uns die Richtung anzeigten. Wir kamen an die Mündung des Nuran River in den Kvill und die Markierungen sagten uns, dass wir auf die andere Seite des Flusses mussten. Glücklicherweise gab es unweit der Mündung eine Untiefe, über welche wir die Schlitten und die Tiere, recht mühselig muss ich zugeben, auf die andere Seite schafften.


Nach ein paar weiteren Stunden kamen, konnten wir am südlichen Ufer des Flusses ein Lager erkennen. Es war seltsam still dort, kein Feuer war zu sehen und auch keine Seele war zu erkennen. Um das Lager verstreut, liefen viele Kareens ziellos umher. In der Mitte des Lagers konnten wir noch eine große Feuerstelle erkennen, welche aber bereits erloschen war. Als wir uns näherte erschraken wir, denn die Feuerstelle war übersäht mit half verkohlten, menschlichen Überresten. Es muss verwendet worden sein, um die Bewohner dieses Lagers zu verbrennen. Wir vermuteten, dass die Seuche daran schuld gewesen war. Wir durchsuchten die Zelte und fanden in einem die offenbar noch letzten Überlebenden in ihren Betten liegend. Tot und über und über mit aufgeplatzten, eitrigen Pusteln bedeckt. Es war ein schrecklicher Anblick. Der Gesamte Stamm wurde von den Zorganpocken ausgelöscht. Wir entschieden, die Leichen zu verbrennen und ebenso das gesamte Lager.


Etwas weiter entfernt schlugen wir unser eigenes Lager auf. Syrixia kam auf die Idee, eines der Kareens zu erlegen, um nachzusehen, ob auch Tiere von dieser Krankheit befallen werden konnte. Sie jagte also eines und wir stellten fest, dass es vollkommen gesund war. So füllten wir unseren Proviant mit frischem Kereenfleisch auf.


Wir hatten die Wachen für die Nachtruhe eingeteilt. Wir mussten noch nicht lange geschlafen haben, da hörte Minobe etwas und sah wie Schatten in der Nähe umherhuschten. Sie weckte Gom, der als nächstes dran gewesen war. Auch konnte die Gestalten wahrnehmen, wobei ihm auch ein Pfeil am Kopf vorbei sauste. Ganz offenbar war unser Großfeuer, welches wir im Seuchenlager gelegt hatten, auch hier in der Steppe nicht unbemerkt geblieben. Goblins vermuteten offenbar leichte Beute. Nun wurden wir alle geweckt. Als ich mit meinem Schwert und Schild noch etwas schlaftrunken aus dem Zelt kam fing ich mir sofort einen Pfeil in die Schulter ein und stolperte rücklinks wieder zurück ins Zelt. Benjulf sah dies und zauberte auf mich einen Duplicatus. Darauf hin, versuchte er hinten aus dem Zelt zu kriechen. Rondario, der mittlerweile auch draußen war, setzte zu einem Orcanofaxius an, welcher ihm in beeindruckender Stärke glückte. Der Goblin wurde gegen einen Baum geschleudert und fiel zu Boden. Gom und ich, der es nun in doppelter Ausführung wieder aus dem Zelt geschafft hatte, stürmten auf die anderen zu, als die reiß aus nahmen und flüchteten. Mit derart starker Gegenwehr hatten sie wohl nicht gerechnet.


Als wir uns dem Toten Goblin näherten, stellten wir fest, dass auch dieser bereits mit roten und eitrigen Pusteln bedeckt war. Sofort schützen wir unsere Gesichter und trauten uns nicht, das Geschöpf anzufassen. Doktor Baracculus hingegen rannte zum Leichnam und war begeistert von der Chance, ein totes Seuchenopfer in den Händen zu halten, damit er es untersuchen und sezieren konnte. Benjulf war das zu viel und er ging Kopf schüttelnd wieder zum Lager zurück. Es war keine Freude dem Doktor dabei zuzusehen und ein ums andere Mal musste ich an mich halten, mich nicht direkt neben dem toten Goblin zu übergeben. Dennoch waren die Bemühungen wohl von Erfolg gekrönt, so sahen wir einen zufriedenen Doktor, der angab, dass die Pocken offenbar das Herz sehr stark befallen würden. Dies würde eine weitere Hilfestellung in der möglichen Therapie geben. Insbesondere Bruder Oasis war von den Methoden des Doktors eher weniger begeistert.


Vorsicht ist besser als rote Pusteln


Die restliche Nacht verlief ohne weitere Vorkommnisse und so machten wir uns am nächsten Tag weiter auf den Weg nach Osten. Es schneite weiter, was unser Fortkommen nicht wirklich beschleunigte, aber der Schnee war noch zu bewältigen. Die Landschaft veränderte sich kaum. Es waren weiterhin weite Schneesteppen mit Bauminseln zu sehen, allerdings wurde es nach Osten hin hügeliger. Es dauerte noch einige Meilen, da konnten wir auf der anderen Flussseite ein befestigtes Lager sehen. Offenbar war dies ein Handelsposten für Jäger, Sammler und für alle, die auf ihren Wegen Obdach suchten. Auf unserer Seite des Flusses befand sich ein Floßanleger, an dessen Ende wir Standen und sahen, wie aus dem Lager ein paar große und bewaffnete Leute herauskamen. Nach ein wenig Hin und Her war klar, dass wir nicht willkommen waren. Aus Angst vor der Seuche, wollte man niemanden hineinlassen, was wir tatsächlich ersahen. Jedoch war es uns möglich, noch ein wenig Handel zu betreiben, so erstanden wir noch weitere Decken und Leder, um für weitere Arbeiten an Kranken und eventuellen Leichen besser ausgerüstet zu sein. Nach Erledigung unserer Geschäfte verabschiedeten wir uns wieder und zogen weiter.


Ein paar Tage noch sollte unsere Reise dauern, da erreichten wir die Tenjos. An deren Fuß sich das riesige Lager der Hocke Seiram befand. Es müssen über dreißig Jurten gewesen sein, Platz genug für über hundert Leute. Crotett befahl zur Eile…


Die Seuche wütet

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Von unserem Hügel aus, von dem wir das Lager betrachteten, konnten wir mehrere große Scheiterhaufen erkennen. Offenbar musste die Seuche bereits viele Opfer gefordert haben. Crotett war fassungslos, aber Raluf war bei ihm, so dass er ihn ein wenig beruhigen konnte. Wir entschieden, sogleich an das keine Bachufer zu gehen, welches am nächsten zu den Jurten gelegen war und konnten beobachten, wie eine junge Frau aus einer der Jurten kam. Sie rief uns schon von Weitem zu, dass wir nicht näher kommen sollten, da sich im Lager eine Seuche umtut. Für Crotett gab es kein Halten mehr, denn es war Nirka, die er wiedererkannt. Auch sie erkannte ihn wieder und fragte ihn verwundert, was er denn ausgerechnet jetzt hier machte. Wir begannen mit ein paar Fragen und erfuhren, dass die Seuche bereits sechzig der einhundertvierzig Bewohner dieses Lagers dahingerafft hatte. Die ersten waren der Häuptling, Crotetts Vater, und sie selbst. Sie allerdings wurde von der Schamanin mit deren letzter Kraft geheilt und kann die Pocken von nun an nicht mehr bekommen. Die Schamanin infizierte sich mit ihrer Tat ebenso und starb schnell. Die achtzig übrigen Einwohner sind alle betroffen und bereits mehr oder weniger gezeichnet.


Doktor Baracculus und Bruder Osais unterbrachen die Unterhaltung recht unsanft und konstatierten, nicht mit hierher gekommen zu sein, um bloß nur Fragen zu stellen. Sie seien beide gekommen, um mehr über die Seuche zu erfahren und allen zu Helfen, sie zu überstehen. Als Nirka das hörte, konnte sie ihre Dankbarkeit und ihre Tränen darüber nicht verbergen. Und so gingen wir in das Lager, um uns ein Bild der schlimmen Lage zu malen. Es war schrecklich, denn Nirka war die einzige Bier vollen Kräften. Die, die sich noch auf den Beinen halten konnten, halfen so gut sie konnten, waren aber schnell erschöpft. Doktor Baracculus ging sofort ans Werk und teilte die zu erledigenden Aufgaben ein. Es gab Holz zu besorgen, Kessel zum auskochen der Verbände und Lappen, es musste Essen zubereitet werden und die Kranken waren zu versorgen. Syrixia meldete sich für die Jagt und fragte, was denn mit den vielen hundert Kareenen passieren sollte, die um das Lager mittlerweile recht wild durcheinander liefen. Da bereits fast Hälfte des Stammes tot war, konnten die Übrigen sicher nicht besorgen alle Kareene weiter zu versorgen, sollten sie denn all überleben, was sehr unwahrscheinlich war. Nachdem sie das gesagt hatte, war es kurz Still um sie, denn es war die schonungslose und ehrliche Wahrheit, die alle kannten, aber nicht aussprechen wollten. Nirka nickte und sagte, dass Syrixia Recht hatte und sei es nicht genug, so gab es noch ständig Überfälle von hier ansässigen Goblins, die ihnen das Leben schwer machten und ebenso die Kareene im Blick hatten. Ich bemerkte, dass wir keinesfalls hier im Lager helfen und es zugleich wirksam verteidigen konnten. Von daher schlug ich vor, das Goblinlager ausfindig und unschädlich zu machen. Phileasson sah dies ebenso und gab Minobe, Rondario, Benjulf, Gom und mir den Auftrag, die Goblins zu vertreiben oder zu vernichten. Je nachdem, was zuerst passierte.


Den Rest des Tagen verbrachten wir damit, alles Nötige für das Lager zu organisieren. Raluf kümmerte sich um das Holz, Syrixia um die Jagt und das Kräuter sammeln. Rondario zeigte seine Kochkünste. Der Rest von uns kümmerte sich um die Kranken, wechselte die Verbände, fütterte sie und dergleichen. Benjulf tat das, was er am besten konnte und heiterte insbesondere die Kranken Kinder mit Geschichten und Lichtspielen auf. Doktor Baracculus und Bruder Oasis waren vollkommen in ihrem Element und vergaßen über diese Riese Aufgabe, dem Stamm zu helfen, all ihre Meinungsverschiedenheiten und arbeiteten Hand in Hand zusammen.


Dunkele Elfen


Am nächsten Morgen brachen wir mit dem Morgengrauen auf. Am Ufer des Baches konnten wir viele Fußspuren von Wildschweinen erkennen, die bekanntlich von Goblins als Reittier verwendet werden. Wir folgten den Spuren in die Tenjos und machten uns auf einen Hinterhalt gefasst. Die Felsnadeln und die kleinen Waldstücke waren wie geschaffen für Fallen und Überfälle. So bewegten wir uns besonders vorsichtig. Nach einiger Zeit kamen wir an einen Talkessel, im dem drei riesige Felsnadeln standen. Auf der anderen Seite konnte wir einige Duzend Kareene erkennen, was uns zu dem Schluss kommen ließ, dass hier die Goblins lagern könnten. Minobe unternahm einen Aufklärungsflug mit ihrem Besen und fand heraus, dass es sicher auch einige Duzend Goblins hier geben musste. Überall waren kleine Lagerfeuer, an denen sich Wachen und deren Reittiere aufhielten. Das ungewöhnlichste war aber ein vollkommen in Purpur ausgekleidetes Zelt in der Mitte des Lagers. Aus ihm kam eine hochgewachsene und schwarz gerüstete Gestallt, die den Goblins offenbar Befehle erteilte, bevor die Figur wieder im Zelt verschwand. Purpur war die Farbe des Namenlosen, bemerkte Minobe, also wer oder was war hier noch im Spiel.


Wir fassten den Plan, die Kareene aufzuscheuchen, um Verwirrung im Lager zu stiften, so dass wir uns diese Schwarz gerüstete Gestalt genauen ansehen konnten. Vorher allerdings schalteten wir noch die Wachen der Kareene im Wald aus, damit wir freie Bahn hatten. Dies ging recht schnell, denn Benjulf sorgte für eine Ablenkung und wir taten unsere Arbeit. Dann scheuchten wir die Kareene auf, was ebenso schnell und gut gelang, so dass es wohl über einhundert Tiere sein mussten, die sich in die Richtung des Lagers bewegten. Es wurden viele der Wachen und auch der im Lager befindlichen Goblins einfach niedergetrampelt, der Rest war mit Schadensbegrenzung beschäftigt. Im ganzen Chaos rannten wir einfach mitten durch das Lager direkt zum purpurnen Zelt, aus dem zu unserer Überraschung nun zwei vollkommen in schwarzen Schuppenrüstungen und schwer bewaffneten Wächter kamen. Dem aber nicht genug. In ihrer Mitte zeigte sich ein weitaus furchteinflössender Anblick. Es war eine Art sechs beiniger Tiger mit purpur glühenden Augen. Das Wesen war ebenso schwarz, wie dessen Herren und stand auf vier seiner sechs Beine, während dessen Vorderglieder, Brust und Kopf aufrecht waren. Es kostete uns einige Überwindung, in den Kampf einzusteigen. Benjulf entschied, lieber in sicherer Entfernung zu bleiben. Er zauberte einen gut gelungenen Duplicatus auf mich, wonach ich nun dreimal zu sehen war. Minobe war die erste, die Angriff und ließ ihren Besen für sich Kämpfen, welcher sich mit dem Tigerdämon beschäftige. Gom und ich nahmen uns die beiden anderen vor und lieferten uns einen Schlagabtausch. Gom wurde mehrere Male hart von dem Kriegshammer des einen getroffen, mir half der Duplicatus von Benjulf, denn zwei meiner Spiegelbilder wurden von Schwerthieben des anderen ausgelöscht, während ich ein ums andere Mal traf. Der Tiger sprang mit einem Satz über Gom und mich hinweg, um sich um Minobe zu kümmern. Genau in diesem Moment ließ Rondario einen Orcanofaxius auf das Wesen los. Ebenso prügelte Minobes Besen los und ihr Speer traf ebenfalls. Das war zu viel, denn der Dämon löste sich sofort auf und ward nicht mehr unter uns. Als nächstes starb der Schwertelf und der Hammerelf sprang mit einem Satz in unsere Mitte, denn sein Ziel war diesmal Benjulf, der zuvor mit einer Sternenillusion dafür sorgte, dass beide Elfen fast blind kämpfen mussten. Als er den Sprung vollendet hatte, bemerkte er erst, dass dies offenbar eine dumme Idee gewesen war, denn jetzt war er sofort von uns allen erreichbar, was wir direkt ausnutzen. Alle gleichzeitig schlugen wir los und der Elf hatte keinerlei Chance hier noch lebend herauszukommen. Der Kampf blieb im Chaos von den Goblins unbemerkt, denn sie waren noch immer vollkommen überfordert, die Kareene wieder einzufangen. Wir zogen die beiden toten Elfen in das Zelt, um es uns etwas genauer anzusehen, damit wir eventuell herausfänden, was es mit deren Anwesenheit auf sich hatte.


Innen waren wir nicht minder überrascht von dem, was wir sahen. Im Vorraum des Zeltes befand sich ein ausgesprochen kunstfertig ausgeführtes Heptagramm, welches für die Beschwörung höherer Dämonen verwendet wird, erklärten Minobe und Rondario. Beide konnten allerdings nicht sagen, ob es verwendet worden war und ob einer der Dämonen bereits unter uns waren. Der Tigerdämon war aber offenbar kein Produkt dieses Portals, denn dies war wohl ein niederer Diener der Hölle.


Die Seuche als Rache?


Wir untersuchten noch den zweiten Raum des Zeltes, welcher mehr als spartanisch eingerichtet war. Außer ein paar Truhen mit Kleidung und zweier Schlaggelegenheiten, war nicht viel zu sehen. Allerdings fanden wir einen Brief, welcher auf Asdaria verfasst war. Glücklicherweise hatte Minobe ihre Lupe aus dem Himmelsturm dabei und konnte uns den Inhalt vorlesen. Tatsächlich war es offenbar so, dass es die gleichen Dunkelelfen waren, die wir schon im Himmelsturm aufgespürt hatten. Und sie waren als Antwort auf unser Stören gekommen, um, zumindest interpretierten wir das so, alle nicht Dunkelelfen zu vernichten. Warum sie allerdings hier begannen und warum gerade die Nivesen zuerst befallen werden, war uns nicht klar. Eventuell weil der Geist damals in Crotett gefahren ist, vermuteten wir?


Ob dieser Spekulationen, vergaßen wir, dass noch einige Goblins und Kareene draußen herumlaufen mussten und wir uns besser wieder auf den Rückweg machen sollten. Jedoch wäre es sicher hilfreich, wenn wir auch gleich noch die Herde der Kareene wieder an ihren angestammten Platz zu den Nivesen brachten. Aber wie sollten wir das anstellen? Uns kam gleich die Idee, dass sich zwei von uns als die Elfen ausgaben, um die Goblins in Grüppchen oder gar einzeln ins Zelt zu locken, damit die anderen sie dann umbringen konnten. Benjulf war der einzige, der wenigstens halbwegs von der Statur her in eine der Rüstungen passte. Da ich gut im Überzeugen und Betören war, versuchten wir die andere Rüstung so an mir anzubringen, dass es zumindest den Anschein hatte, dass ich einer der Dunkelelfen war. Vermutlich wäre es bei genauerem Hinsehen oder bei intelligenteren Wesen als den Goblins, nicht überzeugend gewesen. So gingen Benjulf und ich hinaus, allerdings war kein einziger Goblin mehr zu sehen. Hier und da liefen noch ein paar Kareene herum, aber sonst war es ruhig und leer. So beschlossen Benjulf und ich, der Herde zu folgen und die Gunst der Feigheit der Goblins zu nutzen, um den Rest der Herde wieder zurückzutreiben. Vom benachbarten Talkessel aus gelang uns das auch recht einfach. Die Kareene waren bereits an Menschen gewöhnt und so ließen sie sich fast schon von uns führen. Den Rest der Nacht waren wir damit beschäftigt, die etwa vierzig Tiere wieder hinunter, um Lager zu geleiten. Die Tiere und auch wir wurden kaum beachtet, als wir zurückkehrten, waren doch alle über die Maßen damit beschäftigt, den Kranken zu helfen und die Organisation des Lagers aufrecht zu erhalten. Mittlerweile waren vier weitere Nivesen gestorben. Die Feuer brannten noch...


Der erste Überlebende


Nach all den Anstrengungen, die Kareenherde wieder zurück zum Lager zu bringen, legten wir uns alle hin, teilten aber Wachen ein, um nicht nur nach Marodierenden Goblins Ausschau zu halten, sondern auch den Kranken in der Nacht so gut es ging helfen zu können. Die Nacht verlief so weit man das sagen konnte recht ruhig, nur dass noch weitere vier der Nivesen gestorben waren. Diesmal auch zwei kleinere Kinder, was mir besonders ans Herz ging. Aber, wir durften auch einen ersten Erfolg der Behandlungen und der Hilfe verzeichnen, denn Oblong, der Fleischer und Koch des Stammes überstand den letzten Fieberschub. Zwar war er noch etwas schwach und hatte noch leichtes Fieber, die roten Pusteln waren aber ohne zu platzen wieder auf dem Rückmarsch. Wir waren alle sehr froh, dass zu sehen, nur Rondario war ein klein wenig pikiert, denn seine Kochkünste würden vermutlich nun weniger benötigt. Selbstverständlich aber war auch er besonders froh zu sehen, dass die harte Arbeit, die wir alle an den Tag, den Mann, die Frau und die Kinder legten, Früchte trugen.


Der Tag war erneut sehr arbeitsreich, denn Minobe und Gom gingen an den Waldrand um nach Kräutern, insbesondere nach Gulmond und Minze, um die Fiebernden zu kühlen, Ausschau zu halten. Tatsächlich wurden sie trotz des Schnees fündig und brachten fünfzehn weitere Protionen Gulmond und fünfundzwanzig Minze mit. Rondario bediente sich der Kräuter, die Oblong vor Baracculs versteckt hatte und bereitete Suppen, Tees und sonstige Mahlzeiten für die Kranken, aber auch für die Arbeitenden zu. Syrixia und Yno gingen Jagen, fingen und schlachteten Kareene, Benjulf sorgte weiter für allgemeine Heiterkeiten und hielt die Stimmung im Lager aufrecht. Es war ihm anzusehen, wie sehr ihm einige Schicksale ans Herz gingen, dennoch bemühte er sich nach Kräften, sich nichts anmerken zu lassen. Raluf und ich besorgten das Holz für die vielen Feuer und die Scheiterhaufen.


Als es Abend wurde bereiteten wir uns abermals auf eine arbeitsreiche Nacht vor, als Rondario noch einmal nach Abdul sehen wollte, um zu fragen, ob er wohl noch mehr Wunder, wie die zwanzig Portionen Gulmod, die er einfach so aus der Tasche gezogen hatte, in seinem Repertoire hatte. Abdul blickte in die Sterne und gab Rondario zu verstehen, dass er doch leise sein sollte, damit er „sie“ nicht verscheuchte. Rondario tat wie ihm geheißen und blickte eben so in die Sterne, sah aber nichts ungewöhnliches. Er wollte schon wieder zu den anderen gehen, da erblickte er zwei kleine Schneehügel direkt neben Abdul. Dieser konnte keine Antwort auf die Frage nach deren Bedeutung geben. Rondario buddelte den Schnee beiseite und staunte nicht schlecht, denn unter beiden Hügeln wuchs ein kleiner Baum heran. Minobe identifizierte beide als Xorday, der bekanntlich nur im maraskanischen Urwald gedeiht. Es dauerte nicht lange, da standen wir alle um Abdul herum, der nun vergeblich bemüht war, uns zur Stille anzuleiten. Wir machten ein Feuer, um Abdul zu wärmen und spannten ein kleines Zeltkarree um die Bäume, damit die Kareene sie nicht abfressen konnten. Bruder Osais und Shaya fingen sofort an zu beten und dankten Peraine und Travia für dieses überaus barmherzige Zeichen.


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Wir legten uns dennoch zur Nacht, wurden aber jäh wieder geweckt, denn Minobe und Yno hatten etwas im nahe gelegenen Wäldchen gesehen. Es wurden alle geweckt, denn Yno sprach von etwa einem Duzend auf Schweinen berittener Goblins, die es vermutlich abermals auf die Kareene abgesehen hatten. Wir stellen uns zwischen sie und der Herde und harrten der Dinge, als sofort acht von ihnen auf uns zu geritten kamen. Gom und ich hockten uns sofort hin, den Schild vor uns und ich ließ mein Schwert vor herausgucken. Rondario nahm die freie Bahn dankbar an und schickte wieder einen Sturm gen Goblins, von welchem auch sofort der erste aus seinem Sattel gestoßen wurde und im Dunkel verschwand. Die anderen Goblins ritten unbeirrt weiter und schlugen auf Gom und mich ein. Zum Glück verfehlten sie beide und von den nächsten beiden traf nur einer Gom, der andere verfehlte mich erneut. Als alle einmal durch uns durch geritten waren surrte plötzlich ein Pfeil aus dem nichts direkt in den Kopf eines der Goblins, welcher sogleich von einem Schwein fiel. Offenbar muss Syrixia in der Nähe gewesen sein und bewies eindrucksvoll ihre Treffsicherheit. Ich versuchte mich an einem der Goblins, doch offenbar hatten wir beide ein stilles Einvernehmen, uns gegenseitig nicht zu schaden, denn entweder trafen wir nicht oder der jeweils andere parierte. Es war wohl nicht mein Kampf, wohl aber der von Gom. Ich konnte bestaunen, wie Gom den ersten Goblin mit einem mächtigen Hieb seines Rabenschnables direkt aus dem Sattel hob, dann dem Angriff eines anderen so behände auswich, dass er diesen Goblin ebenso gekonnt und kraftvoll mit nur einem Schlag von seinem Raitschwein holte. Beide waren nahezu sofort tot. Das bekamen die restlichen Goblins wohl auch zu sehen und nahmen reiß aus. Es entbehrte nicht einer gewissen Komik, dass ich dann zu Gom ging, ihm die Hand auf Schulter legte und feixte, was für er Spaß das war. Er, in blutverschmierter Rüstung, das Adrenalin ließ ihn eher verrückt grinsen und ich war noch genauso unberührt und gutaussehend, wie vor dem Kampf. Nun, ich denke, also ich hoffe, dass er es ebenso mit Humor nahm, wie ich es tat.


Einen der fast Toten trat Benjulf, der die Rüstung der Dunkelelfen angezogen hatte, mit offensichtlich überschwänglichen Gehabe tot, so dass der andere Überlebende Goblin es sehen musste. Dann ging er zu dem anderen, stellte sich breitbeinig vor ihn hin und schrie ihn in einigen verschiedenen Sprachen an. Der verletzte konnte ihn aber offenbar nicht verstehen. Dann entschied Benjulf ihn mit ins Lager zu schleifen. Es stellte sich heraus, dass der Goblin Oloarkh sprach, glücklicherweise ebenso gebrochen, wie ich es sprach und wir konnten uns verständigen. Der Goblin berichtete, dass die drei bleichen Spitzohren vor drei Sonnenläufen plötzlich aufgetaucht waren und den Goblins unter Androhung von Vernichtung befahlen, die Nivesen zu beschäftigen. Ihre Schamanin wurde brutal vor ihren Augen hingerichtet. Mehr wusste er nicht. Benjulf befahl ihm, zurück zu den anderen Goblins zu reiten und allen mitzuteilen, die Nivesen ab sofort ihn Ruhe zu lassen. Vor den Spitzohren brauchten sie sich nicht mehr zu fürchten, denn denen hatten wir den Garaus gemacht. Der Goblin schien dankbar dafür gewesen zu sein, dass sie die Elfen los waren und ritt los…


Benjulf, der selbstlose Retter


Am nächsten Morgen trauten wir unseren Augen kaum, denn die beiden kleinen Bäumchen waren auf stattliche zweieinhalb Schritt angewachsen, jedoch noch zu klein und jung, um sie schon jetzt abzuernten. Wir beschlossen diese Schätze zu behüten, bis sie etwas großer geworden waren, um sie dann tatsächlich zu ernten, also sahen wir an diesem Tag immer mal wieder nach Abdul und den Bäumen, um sicher zu gehen, dass es allen auch gut ging. Der Tag verging schnell…


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Die Nacht verlief leider ebenso arbeitsam, wie der Tag, aber dank unserer Hilfe konnten wir abermals jemandem über die Schwelle helfen. Diesmal war es Hern’sem, der Sohn von Oblong, der sich normalerweise um die Kareene kümmerte. Gestorben ist niemand, was uns allen guttat. Ob dieser guten Nachrichten vergaßen wir fast nach Abdul und den Bäumen zu sehen, dabei waren die mittlerweile unübersehbar auf über acht Schritt angewachsen. Abdul lag völlig entkräftet zwischen den Bäumen, so dass wir uns nun besonders um ihn kümmern mussten. Tatsächlich errichteten wir ein Zelt extra für ihn und holten eine Pritsche, damit er nicht auf dem Boden schlafen muss. So machten wir uns aber dennoch wieder ans Tageswerk und kümmerten uns um alles, was anstand. Benjulf hatte sich bereit erklärt ein besonderes Auge auf Abdul zu werfen, aber dennoch weiterhin für gute Stimmung zu sorgen. Am Nachmittag verschwand er dann für etwas länger in Abduls Zelt und wir anderen blickten uns fragend und Schulter zuckernd an. Plötzlich kam er heraus mit einem Gesichtsausdruck, der ein gewisses Entsetzen, Leere und ein Starren enthielt. Etwas stotternd bat er uns alle um Gehör und um unseren Rat. Er erzählte uns von Knurtsch, ein Erdelementargeist, der offenbar in Abduls Hosentasche wohnte. Knurtsch war dafür verantwortlich, dass die beiden Bäume überhaupt wuchsen und wohl auch, dass sie so schnell so groß wurden. Abdul sei nun zu schwach, um noch weiter von Knurtsch „verwendet“ zu werden, so machte er Benhulf ein Angebot, dass er fortan bei ihm wohnen könnte und auch einen gewissen Teil seiner Magie benötigte, um dreierlei zu bewerkstelligen. Zum einen sollte Abdul nicht weiter geschwächt werden, die Bäume sollten nur soweit geerntet werden, dass die Bäume selber nicht starben, aber es sollte auch genug Xordayrinde zur Verfügung stehen, um den Rest des Stammes zu heilen. Benjulf war sich schlicht nicht sicher, ob er dem Wesen trauen konnte und ob es das wert war. Ich blickte kurz in Abduls Zelt, denn Benjulf erzählte Knurtsch säße nun auf Abduls Bauch, eine Meerschaumpfeife rauchend. Dieses eher bizarre Bild wollte ich mir nicht entgehen lassen, sehen konnte ich allerdings nichts. Dennoch rieten wir Benjulf all fast einstimmig, dass er dieses Wagnis eingehen sollte, um der vielen Nivesen wegen, die nicht sterben sollten. Etwas seufzend aber bestätigend ging er wieder ins Zelt, um das Angebot anzunehmen. Als er wieder herauskam, passierte erst einmal nichts. Benjulf sagt, dass Knurtsch nun in seiner Tasche wohne, jedoch konnte er ihn weder ertasten noch hören noch sehen. Nur, wenn dieser es wollte, Warner offenbar nur für Benjulf sichtbar. Also gingen wir weiter unserem Tageswerk nach.


Am nächsten Morgen war es dann soweit. Der Mut Benjulfs sollte sich auszahlen, denn es lagen vierzig Rationen Xordayrinde vor den Bäumen und diese waren vollkommen unversehrt. Auch Abdul befand sich auf dem Wege der Stärkung. Es starben noch zwei weitere Nivesen, aber mit der Xordayrinde konnten wir tatsächlich jeden, der die Anwendung bekam heilen. Es dauerte noch weitere zwei Tage, bis dann schlussendlich alle anderen Nivesen geheilt waren, es starb niemand mehr…


Die neue Aufgabe


Obwohl noch alle geheilten geschwächt waren, nahmen sie am Gottensdienst zu Ehren Travias und Paraines teil, um nicht nur den Göttern ihren Dank auszusprechen, sondern auch uns, die alle so tatkräftig geholfen hatten. Nirka sprach sich dafür aus, alle von uns in den Stamm der Seiram-Hokke aufzunehmen und mit Überreichung eines aus Karrenhorn geschnitzten Amulettes, hatten wir nun auch ein Zeichen, welches uns als Stammesangehöriger auswies. Orsais und Baracculus nahmen jeder für sich genommen ein, verantwortlich für den Erfolg gewesen zu sein, obwohl dies eigentlich nur für Baracculus galt, denn Orsais verwies auf Paraine.


Crotett, als Sohn des ehemaligen Häuptlings kam nun höchstwahrscheinlich die Aufgabe zuteil, den Stamm zu führen, wessen er sich aber offensichtlich noch nicht so sehr sicher war. Allerdings war auch er es, der sagte, dass er nun wohl eher bei seinem Stamm bleiben wolle, um beim Wiederaufbau zu helfen. Er war es auch, der sich zusammen mit Nirka dafür aussprach, dass ein Teil der Kareenherde in Norburg oder besser Festum zum Verkauf freigegeben werden sollte, um die Mittel für den Aufbau zu beschaffen. Tatsächlich interpretierten wir dies als zweiten Teil der Prophezeiung, die wir in Riva erhalten hatten. „Gehe den Weg des Wolfes, denn er wird dich zur Erkenntnis führen“, erschien uns als Aufforderung, dem Stamm dabei zu helfen, diese lange und kräftezehrende Aufgabe zu beenden. Phileasson war ebenfalls dieser Ansicht. Festum wäre sicher mehrere Wochen entfernt und mehrere hundert Kareene bis dahin zu begleiten war eine zweizahninge Kopfschwänzler Aufgabe.


Freudig über unsere Bereitschaft noch weiter zu helfen, verabschiedete sich Nirka von uns für den Abend. Sie habe noch eine wichtige Aufgabe allein im nahegelegenen Wald zu erledigen. Als wir fragend zu Crotett blickten, sagte er uns nur, dass es Dinge gibt, die jeder Nivese für sich entscheiden müsse und niemand anderen stünde es zu, dies zu hinterfragen. Alle seien frei zu tun, was immer sie für richtig halten. So ließen wir Nirka gehen, die sich inzwischen nur in einem Wolfspelz bekleidet und barfuß in den Wald aufmachte. Crotett war im Übrigen auch nicht dagegen, als Minobe, Gom und ich uns entschieden, Nirka doch zu folgen, um für ihre sichere Rückkehr zu sorgen. Denn diese Freiheit zu entscheiden stand schlicht jedem Wesen zu. Als folgten wir Nirka, Minobe in der Luft, Gom und ich zu Fuß. Bis zu einem Wäldchen, in dem Nirka verschwand. Ich wagte es nicht, ihr weiter zu folgen. Was dann folgte, kann ich nicht besser beschreiben, als dass ich plötzlich ein lautes und sehr bedrohliches Heulen aus der Richtung des Waldes hörte, welches zu duzenden Antwort fand. Wie aus dem Nichts erschienen von überall her Wölfe, die sich heulend, knurrend und Zähne fletschend in den Wald begaben. Ich dachte, dass ich vielleicht ein oder zwei von ihnen besiegen konnte, aber mehrere Duzend? Also schloss ich die Augen und hoffte, dass sie mich nicht wahrnahmen, was glücklicherweise geschah, denn alle Wölfe rannten einfach an mir vorbei, ohne Notiz von mir zu nehmen. Daraufhin entschied ich mich, wieder zurück ins Lager zu gehen, denn ich wollte mein Glück nicht zu sehr strapazieren. Am nächsten Morgen, direkt nach dem Aufstehen, kam Nirka wieder zurück, von oben bis unten blutverschmiert, noch immer bekleidet in das Wolfsfell und in Begleitung eines riesigen Wolfes mit silberfarbenem Fell. Sie stellte ihn als Blauauge vor, ignorierte alle Fragen von Minobe, die offenbar mehr gesehen haben musste als ich, und verwand mit dem Wolf in ihrem Zelt.


Der Trek setzt sich in Bewegung


Am nächsten Morgen kam Nirka aus ihrem Zelt, als wäre nichts gewesen, der Wolf war allerdings von nun an ihr ständiger Begleiter. Es wirkte ein wenig bedrohlich, dass er immer dabei war, jedoch machte er keine Anzeichen, dass er uns oder jemandem aus dem Lager etwas tun wollte. Nur, wenn man Nirka gegenüber etwas bestimmter argumentierte, wurde er hellhörig, stellte sich dicht hinter sie und fletschte kurz die Zähne. Das reichte im allgemeinen aus, dass der Diskussion beendet war.


Da wir beschlossen hatten mit etwa dreihundert Kareenen nach Norburg zu gehen, mussten die nächsten Tage einige Vorbereitungen getroffen werden. Angefangen mit Nirka und Blauauge wollten uns noch Oblong, sein Sohn Her´Sem, Nummer 3, Nummer 4 und Nummer 5 begleiten. Wir beluden einige Kareene mit allerlei Dingen, wir Zelten, Nahrung und Ausrüstung. Benjulf kümmerte sich um die Schlitten und belud diese, denn da er des Reitens nicht wirklich mächtig war, bevorzugte er die Reise auf einem Schlitten zu beginnen. Doktor Baracculus und Bruder Orsais entschieden im Lager zu Bleiben, um sich weiter hin um die zu kümmern, die mit dem Wiederaufbau des Lagers betraut worden waren. Vermutlich, sagten sie, wollten sie auch in ein paar Wochen wieder zurück nach Riva gehen, um dort ihre Erfahrungen über die Seuche weiterzutragen. Benjulf machte mit Knurtsch ab, dass dieser sich einen Ableger der Xorday Bäume auf den Rücken setzten, so dass wir auf der Reise einen kleinen Xorday Baum mitnehmen konnten. Da nur einige von uns geheilt waren, dachten wir, es wäre eine gute Idee, noch etwas Heilung mitzunehmen. Knurtsch war zuerst nicht so richtig begeistert, ließ sich aber dennoch überzeugen.


Und so setzten wir uns in Bewegung, was für mich ein ziemliches Schauspiel war, denn ich habe noch niemals so viele Tiere in Bewegung gesehen. Für die Nivesen schien es etwas normales zu sein, denn alle wirkten ruhig und waren vollkommen Herr der Lage. Anfangs kamen wir nur langsam voran. Keine zehn Meilen schaffen wir an einem Tag. Mit der Zeit wurden wir aber alle eingespielter und jeder wusste, was er zu tun hatte. So steigerten wir unser Tempo auf etwa fünfzehn Meilen pro Tag. Die Tage wurden länger und wärmer, so dass wir schon hier und da etwas vom Grün der weiten und grünen Steppen sehen konnten. Im Osten erhob sich die gelbe Sichel.



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Eines Tages bemerkten wir, dass Blauauge fehlte und einige Kareene waren auch bereits verschwunden. Nirka sagte, dass es oft geschah, dass Blauauge seine Wege anders wählte, um Ausschau nach Gefahren zu halten. Auch das Kareene verschwanden, empfand sie nicht nicht als ungewöhnlich. In der Wildnis sei es nahezu unmöglich ständig auf hunderte Tiere aufzupassen, dennoch seien es aber schon recht viele gewesen in der letzten Zeit. Als sie uns das erzählte, hörten wir lautes Wolfsgehäul, was Nirka als das von Blauauge identifizierte. Minobe, Gom, Rondario und ich beschlossen dem nachzugehen, um nachzusehen, was Blauauge beunruhigte. Wir folgten einer Spur eines Wesens auf vier Beinen, so schien es. Es musste groß genug gewesen sein, um ein Kareen zu tragen, denn Schleifspuren konnten wir keine sehen, wohl aber kleinere Blutlachen. Blauauge begleitete uns, denn ihn hatten wir ein paar hundert Schritt vorher, recht abgekämpft gefunden, nun oder er uns, das vermag ich nicht genau zu sagen. Etwa eine Stunde von den anderen entfernt verfolgten wir die Spur hinzu einer Höhle, in die wir beschlossen hineinzugehen, wobei ich durchaus Bedenken äußerte, denn mit einem dieser Wesen könnten wir es vermutlich aufnehmen, mit einem Rudel vermutlich eher nicht. Wir versuchten uns sehr ruhig zu verhalten, was uns aber nicht gelang. Nach ein paar Schritt, konnte Minobe noch einen großen Schatten hinter uns auftauchen sehen, da sprang mich schon ein großer Silberlöwe mit riesigen Reißzähnen an. Er warf mich um und hielt mich mit seiner Tatze am Boden fest, während er den anderen klar machte, dass dies seine Höhle war. Rondario warf ihm einen Orcanofaxius entgegen, doch der Löwe blieb standhaft. Gom drosch auf ihn ein, auch Minobe schickte ihren Besen, jedoch misslang das Manöver. Als ich mich endlich wieder aufrappelte, war der Kampf schon nahezu vorüber, ich konnte aber noch einen Schlag anbringen, da fiel das Tier zu Boden. Vermutlich wäre es hier draußen eine Gute Idee gewesen, sein Fell abzuziehen, um es weiter zu verwenden, nur fehlten uns die Zeit und die Fähigkeit, dies zu tun. So beschränkten wir uns darauf seine Tatzen abzuschneiden, um die Krallen zu verwenden und seine Zähne herauszubrechen. Blauauge blieb ruhig bei uns, so als würde er uns sagen wollen, dass wir gut Daren getan haben, diesen Löwen zu erlegen und die Belohnung hatten wir uns verdient.


Wieder zurück im Lager, waren alle dankbar dafür, dass wir uns um diese Bedrohung gekümmert hatten, denn Silberlöwen haben einen großen Appetit und wenn sich so bereitwillig und so reichhaltige Nahrung in sein Gebiet wagt, so würde er jede Gelegenheit nutzen, um mehr zu bekommen.


Die Stadt in den Bäumen


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Viele dutzend Meilen zogen wir weiter, bis wir die Gelbe Sichel passierten und dann Richtung Süden einschlugen. Der Schnee wurde weniger, die Bäume grüner und wir näherten uns Gerasim. Nach Erzählungen der Nivesen, eine Stadt in der Menschen und Elfen friedlich miteinander lebten. Es waren Waldelfen, die zu treffen an sich schon ein Ereignis darstellte. Diese Sorte Elfen haben sich schon vor Jahrtausenden dazu entschieden, dass sie mit dem weltlichen Geschehen auf Dere nichts zu tun haben wollen. Syrixia erzählte, dass Waldelfen diesen Weg sogar noch vor den Hochelfen beschlossen und als eines der ältesten auf Dere existierende Volk der Elfen seien. Aus diesem Grund ist die Gerasim wohl die zugleich seltsamste, aber auch beeindruckendste Stadt, die es auf unserer Reise zu sehen gab.


Schon von Weitem waren die Lichter in den Bäumen zu erkennen. Es war unwirklich aber zugleich wunderschön. Über all in den Bäumen waren Hütten zu erkennen, kleine Trampelpfade zwischen den Bäumen ließen uns ein Bild davon erhaschen, wie weitläufig diese Stadt war. Als wir bereits mitten drin waren, konnten wir auch die Häuser der Menschen sehen, die aber nicht in den Bäumen zu finden waren, sondern an den Füßen dieser. Manchmal vermochten wir nicht zu sagen, wo der Baum aufhört und wo das Haus beginnt. Wir wurden verhalten aber friedlich empfangen. Jeder ist willkommen, niemand wird fortgeschickt. Am Abend kamen alle auf dem Marktplatz zusammen, um uns zu begrüßen oder uns zu begutachten, das konnten wir nicht so genau unterscheiden. Ohm Volker und Benjulf fingen an von den Geschichten im Himmelsturm zu erzählen und alle, wirklich alle, hingen an ihren Lippen. Gerade die Waldelfen waren sehr neugierig von den Hochelfen zu erfahren, denn es interessierte sie, wie es ihren Brüdern und Schwestern erging. Auch die Waldelfen zeigten Betroffenheit, als sie von Pardona und den Dunkelelfen hörten, betrachteten dies aber als ein Problem, welches nicht ihres war. Auch von der Seuche haben sie hier noch nichts gehört. Hier leben sie in Frieden und Harmonie mit den Menschen zusammen. Stadtmauern wird man hier genauso wenig finden, wie andere befestigte anlagen. Außer zum Jagen gibt es hier auch keine Waffen.


Als wir Abends ins Gespräch kamen, erzählten wir davon, von wir kamen und wo wir hin möchten und dass wir, nun da es nicht mehr so verschneit ist, keinen Schlitten mehr benötigen, sondern wohl eher einen Karren. Im Tausch mit den Geschichten und einigen Dingen, die wir in Yetiland und Himmelsturm gefunden hatten, konnten wir einen Kastenwagen erstehen, der beides hatte, Kufen und Räder. Benjulf kümmerte sich um das kleine Schwert, welches Knurtsch als Gegenleistung für seine Hilfe verlangte und erfuhr hier bei den Waldelfen besondere Dankbarkeit, dass er um die Bäume zu retten ein Wagnis mit einem Elementargeist eingegangen war. Phileasson entschied, dass wir hier drei Tage rasten sollten, um uns von den vergangenen Strapazen erholen zu können. Da wir nun etwas Zeit hatten besuchten wir alle die hiesige Akademie, die für ihre Offenheit bekannt war. Auch hier waren alle willkommen, was sonst insbesondere bei Magiern keinesfalls üblich ist, ja meist explizit verboten. Die Elfen verstanden sich sehr gut drauf, allen – auch nicht Magiebegabten – die Magie näher zu bringen, so dass ich plötzlich verstand, warum ich seit dem Himmelsturm etwas in mir fühle, was ich nicht erklären konnte. Die Magie, die dort allgegenwärtig war durchdrang mich zu jeder Stunde und Sekunde und die Zeit die wir alle dort verbrachten, reichte aus, dass etwas von der Magie permanent in mir blieb. Die Elfen halfen mir, dass ich mir bewusst darüber wurde und dieses kleine Stück Magie zu kontrollieren. Auch Gom erging es ähnlich und Rondario nickte, als ich ihm dies erzählte. Er war offenbar schon länger der Ansicht, dass Gom und ich etwas Magie in uns trugen, denn er nahm eine gewisse Aura war, war sich aber nicht zu sicher, darum sagte er nichts. Und so verbrachten wir unsere Zeit damit das Neue und Unbekannte zu erforschen.

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