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Atansios Tagebuch - Grenzenlose MAcht

Aktualisiert: vor 5 Tagen

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Schon abgefahren, dass der Sohn der Wesira am Ende gar nicht so ein Arschloch war. Noch abgefahrener ist aber, dass die Wesira inoffiziell ziemlich fein war, dass der Sohn ‚abgehauen‘ ist. Tja, und unsere kleine findets noch viel besser, dass sie niemanden heiraten muss. Kann ich irgendwie verstehen, dem Stock im Arsch, mit dem die alle rumlaufen, hätte ich auch keinen Bock. Offiziell sind wir natürlich jetzt nicht mehr willkommen in Rashdul. Oh, wie schade, muss ich sagen, war schon nett da – nicht! Also mir ist ja schon ne Menge Scheiße passiert, aber der Mist schlägt jeden Fass den Boden aus, echt. Ich bin ja kein Kind von Traurigkeit, aber direkt Dämonenkiller anheuern und nen schwarzen Geheimbund loszuschicken, ist ‚ne andere Liga.


So, von Kunchom, Khorims zu Hause, wo er nochmal die stinkenden Überreste des Killerdämons an seinen Gott übergibt, machen wir uns auf den Weg in den Norden. Tselda hat nach Greifenfurt eingeladen. Sie ist da in der Gegend aufgewachsen und kennt sich bestens aus. Naja, mir egal eigentlich. Hauptsache erstmal weg von hier. Ich hab ein paar kontakte und Geschäfte in Punin und Angbar laufen, aber weiter nach oben bin ich noch nicht gekommen.


Rhayad ist mitgekommen und geht mir jetzt schon auf den Sack. Wesira-Söhnchen war schon ‚n bisschen etepetete, aber der? Sein Bild steht unter Arroganz im Almanach, Mann, Mann, Mann… Und das Beste, mit Dämonen und dem ganzen magischen Scheiß rumhantieren, aber Angst vor Meer haben. Ich reite mir doch nicht den Arsch wund, wenn ich zehnmal schneller übers Meer komme. Hat ganz schön Überredung gekosten, ihn dann doch aufs Schiff zu kriegen.


Nach Perricum sind wir gefahren, wie sich herausstellte Singvogels zu Hause. Dafür kennt er sich ziemlich beschissen aus hier, muss man sagen. Stattdessen ist hier richtig was los, aber nicht im Sinne von Party. Die Leute labern was von Geistern und Dämonen. Irgendwelche Besessenen und der ganze Mist. Rhayad war Feuer und Flamme und wollte hier direkt einsteigen. Zum Glück hat Tselda eingegriffen und mit ihrer Einladung nach Greifenfurt gewunken, sonst hätte ich dem Ganzen vermutlich etwas Nachdruck verleihen müssen. Raus aus der Scheiße, um dann ins Klo zu springen – bin ich verblödet oder was?!


Der Rest der Reise warn ziemlicher Gewaltmarsch aber sonst in Ordnung, auch wenn Rhayad an jeder zeiten Ecke erwähnt hat, wie provinziell und unterentwickelt hier alles ist. Sicher, die nach Kamelpisse stinkenden Gassen in Rashdul und bei jedem Bissen Sand in der Fresse haben, sind schon ehrlich was für feinen Leute. Gareth ist ziemlich riesig und randvoll mit Geldsäcken. Da muss ich auf jeden Fall mal hin.


Auf dem Weg nach Greifenfurt sehen wir die Überreste des großen Orkkrieges. Zu der Zeit will ich nicht hier gewesen sein. Und dann wieder Rhayad, will hier die Leute bezahlen, damit sie ihm nen Ork bringen, um ihn zu studieren – der hat sie doch nicht mehr alle. Aber 20 Dukaten, die Persephone gefordert hat, um ihm einen zu bringen, wollte er dann auch nicht zahlen… Vor den Toren Greifenfurts stellt sich dann heraus, dass Tselda nicht gelogen hat. Ein Paar Münzen wechseln den Besitzer und dann sind wir drin. Auf dem Weg zu einer Bleibe, rennen wir an so einem dieser Knutschi Restaurants vorbei, die kenne ich schon aus Kuslik, und da knallt uns Edgenion vor den Latz, dass der Besitzer Rondario, sein Onkel ist. Und da geht noch mehr, auf dem Platz der Sonne, steht Statuen von den Helden der Stadt und des Orkkriegs. Rondario steht dabei. Jetzt kommts, Tsapold, der Schwerenöter und Geldsack, Tseldas Bruder steht da auch rum. Das kannst du dir ehrlich nicht ausdenken.


Wir sind dann in so nem Nobelsuppen, drunter machen es Tselda und Rhayad nicht, wollen gerade einchecken, da bemerke ich so ne Maraskanerin. Die gibt sich offensichtlich nicht mal Mühe, sich hier anzupassen. Naja, drauf geschissen eigentlich, aber die starrt und die ganze Zeit an. Ich geh‘ rüber und frag‘, warum sie so glotzt, da werden hier gleich alle still und der Wirt kommt mit nem Knuppel in der Hand an. Alter, die hat doch gestarrt. Sollen sich mal alle wieder beruhigen. Dann fragt sie mich was ich hier will. Was geht die das an, Mann, ich glaube ich bin hier im falschen Theater. Minobe, die Feder heißt sie, nicht das mich das interessiert hätte. Die anderen machen sich derweil schon auf ihre Zimmer. Edgenion kommt dann dazu uns sagt, dass wir jetzt ins Rondarios wollen, da mischt die sich schon wieder ein und sagt, dass sie da wohnt und mit diesem Rondario schon ziemlich viel erlebt hat. Und Rhayad mach MICH an, dass ich hier nicht meine Lebensgeschichte erzählen soll, als ich Minobe sagte, dass wir auf die Einladung von Tselda, die Tsappolds Schwester ist, hierher gefolgt sind.


Naja, irgendwie können wirs nicht verhindern, dass sie mit uns kommt. Es stellt sich raus, dass auch von ihr ne Statue auf dem Platz steht. Scheiße, die ist ne Heldin hier. Kein Wunder, warum alle in Gasthaus so ausgerastet sind. Wir essen also, diese Knutschis sind schon echt lecker, muss man sagen, und reden über Dies und Das. Praoiskirchenspaltung hier, Orks da, irgend nen Kloster in den Bergen hier wird wieder aufgebaut und so weiter. War ganz nett eigentlich.


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Wir gehen dann wieder ins Gasthaus, da hört Nummer 9 nen Pfiff und bleibt stehen. Ein echt komisch aussehender und alter Zwerg kommt auf uns zu, brabbelt irgendwas auf Zwergisch und zeigt auf Khorim. Dann kracht direkt ein riesen Stein von der Baustelle neben ihn auf den Boden. Der Schreck noch in den Knochen, hören wir eine junge Frau nach dem Zwerg rufen. Arthag, oder so heißt der wohl. Sie scheint sich um ihn zu kümmern, und will mit ihm nach Hause gehen. Khorim fühlt sich irgendwie verpflichtet mitzugehen und plötzlich gehen wir alle. Sie erzählt uns, dass der Zwerg in den Orkkriegen wohl einen zu viel abgekriegt hat, warum er wohl so durchgeknallt ist.


Bei denen zu Hause stellt sich der Zwerg dann plötzlich nochmal vor uns, guckt recht aufgeweckt drein und sagt, dass wir die Brüder heimführen sollen. Danach sackt er wieder, leer blickend, zusammen. Kann denn nicht einmal was normal laufen?



Praiosgeweihte und ihr Geisterproblem

Na toll, kaum sind wir einen Tag hier, schon geht der ganze Zauber wieder von vorne los. Nicht mal richtig ausgeschlafen nach dem Arthag-Theater, da fängt morgens früh schon wieder der Baulärm an. Macht aber nichts, bin eh gewohnt, dass es überall laut ist. In den Gassen von Al'Anfa ist es auch nicht anders.


Persephone ist natürlich schon früh auf den Beinen und sucht nach Arbeit. Tja, Pech gehabt, Mädel, hier gibt's scheinbar nichts Anständiges zu verdienen. Zumindest nicht legal. Edgenion will irgendwo auftreten - na, wenigstens einer, der weiß, wie man zu Geld kommt, auch wenn Singen jetzt nicht gerade mein Geschäft ist.


Dann plötzlich der Aufruhr. Die Leute rennen alle in eine Richtung, als würden sie Gold verschenken. Rhayad und Tselda bekommen das mit, und natürlich muss sich auch Minobe einmischen. Die kann einfach nicht die Finger stillhalten, scheint mir. Rhayad fragt einen von den Gaffern und erfährt, dass Praios-Priester in einer Prozession in die Stadt kommen. Einer von denen hängt tot über einem Pferd - schön in Tücher eingewickelt. Klassisch.


Zwei Zwergenhandwerker sind dabei, Zwillinge: Ballasch und Kuwim. Sehen aus wie alle Zwerge - klein, bärtig und wahrscheinlich stur wie Ochsen.


Hüter Emaran
Hüter Emaran

Persephone, unser kleiner Gutmensch, spricht natürlich sofort den Hüter Emaran, nebenbei mit Abstand der fetteste von allen, an und fragt nach der Ursache. Als ob sie helfen könnte. Aber gut, wer weiß, vielleicht riecht sie ja Geld.


Der Emaran erzählt: Sie sind auf dem Weg vom Kloster hierher überfallen worden, die Zwerge haben Schlimmeres verhindert. Na prima, Räuber gibt's hier also auch. Aber Persephone bietet direkt Hilfe an - typisch. Das Mädel würde wahrscheinlich auch einem Dämon helfen, wenn der nett fragt.


Dann das Beste: Wir sollen zur Rhondrastunde zum Praiostempel kommen, weil der Hüter möglicherweise eine Aufgabe für uns hat. Eine AUFGABE. Das klingt nach Geld, und das hört sich schon mal besser an als Edelsteinsuche oder Prinzessinnenrettung.


Die Praiosgeweihten hängen überall Zettel auf - ein Aufruf zur Spende für das Kloster und zur Suche nach Hilfe für den Wiederaufbau. Spenden... ha! Die können lange warten, bis ich denen was schenke. Aber wenn sie zahlen, ist das was anderes.


Zwischendurch redet Rhayad mit Minobe über den Platz der Sonne. Der spürt die ganze Zeit schon magisch, dass dort was Besonderes ist. Typisch Magier - können nie die Finger von dem Zeug lassen. Dabei ist das doch offensichtlich: Riesiger Platz mit Heldenfiguren drauf, natürlich ist da was besonders. Muss man kein Zauberer für sein.


Dann führt uns der Hüter ins Rondario, weil wir scheinbar nicht den Leuten entsprechen, die man normalerweise in den Praiostempel lässt. Kann ich verstehen - wir sehen nicht gerade aus wie brave Kirchgänger. Rhayad zahlt, natürlich. Der hat wenigstens genug Münzen, auch wenn er sie nicht sinnvoll ausgibt.


Und jetzt wird's interessant: Emaran berichtet von seltsamen Vorkommnissen im Kloster. Es wird vermutet, dass jemand den Bau sabotieren will. Die Leute reden von Geistern und verschwundenen Arbeitern.


Geister. Natürlich. Kann ja nicht einfach normal sein. Erst Dämonen in Rashdul, jetzt Geister hier. Als ob normale Räuber und Diebe nicht reichen würden. Aber gut, Geister zahlen genauso schlecht wie lebende Kunden, also ist mir das eigentlich egal, solange am Ende was dabei rumkommt.

Das Kloster hat übrigens eine interessante Geschichte: Der Göttervater höchstselbst hat angeblich Aras de Moth gesagt, er soll dort ein Kloster bauen, um irgendein nicht näher benanntes und gefährliches Wissen zu schützen. Gefährliches Wissen... das klingt nach dem Zeug, mit dem man entweder reich wird oder tot. Meistens eher tot, wenn ich so an die letzten Abenteuer denke.


Aber dann kommt das Angebot: Emaran bietet uns 5 Silbertaler pro Kopf und Tag, damit wir die besonderen Vorkommnisse aufklären und die Arbeiter beschützen. Fünf Silber am Tag! Das ist nicht schlecht, auch wenn es nicht gerade ein Vermögen ist. Aber besser als nichts, und besser als auf eigene Kosten durch die Gegend zu reisen.


Natürlich fangen Rhayad und ich direkt an, uns anzusticheln. Der kann einfach nicht anders, muss immer klugscheißern. Emaran unterbricht uns zum Glück: In zwei Tagen geht's los.


Ballasch und Kuwim
Ballasch und Kuwim

Zurück in der Unterkunft setzen wir uns zu den Zwergen an den Tisch - Schmied und Steinmetz, wie sich herausstellt. Aber die erzählen nicht wirklich mehr, als wir eh schon wissen. Zwerge halt - wortkarg.


Zwischendurch kaufen wir noch Regenzeug. War auch nötig, in den Bergen wird's sicher nass und kalt. Dann machen wir uns bereit für die Abreise.


Also: Kloster, Geister, verschwundene Arbeiter und fünf Silber am Tag. Könnte schlimmer sein. Könnte aber auch deutlich besser sein. Mal sehen, was uns da oben erwartet. Wahrscheinlich wieder der übliche Mist - böse Kreaturen, alte Flüche und am Ende weniger Geld als versprochen. Aber hey, langweilig wird's bestimmt nicht.



Denkende Augen und Lesen leicht lächerlich

Wir verlassen die Stadt mit dem Praios-Tross – Die sakrale Belegschaft besteht aus einem Schreiber, einer Novizin und drei einfachen Priestern, der Rest aus den beiden Zwergen Ballasch und Kuwim und fünf Handwerkern, naja und wir. Wir führen neun Gepäckpferde mit uns. Einen Pferdewagen haben wir nicht, weil die Strecke zu bergig und zu gefährlich ist und reiten ist auch nicht, weil es sind ja Gepäckpferde und keine Reitpferde, klasse. Wir sollen letztendlich Sabotage und andere Verbrechen im Kloster von Aras de Moth aufdecken.


Der Fettsack führt die Gruppe, ist aber trotz dessen, in erstaunlich strammem Tempo unterwegs.


Das Lustigste war aber unser schwarzmagischer-Freund Rhayad. Der Kerl schleppt seinen dicken „Magierreiseleitfaden" mit sich rum und will sich mal'n bisschen über die aktuelle Rechtslage informieren. Ist vielleicht auch gar nicht so doof, die Praioten sind jetzt nicht wirklich für ihre Toleranz zur Magie bekannt. Aber, stellt euch mal vor: Der läuft da mit seinem Buch in der Hand, stolpert über jeden zweiten Stein und läuft beinahe in jeden Baum. Dann kriegt er die grandiose Idee, dass sich jemand anderem das Ding auf den Rücken schnallen soll, damit er entspannt hinterherlaufen und lesen kann. Geht natürlich der Reihe nach alle durch – die Priester, die Handwerker, sogar die Zwerge. Alle winken ab, als hätte er die Pest. „Schnall dir dein Buch doch selbst auf den Buckel", meint einer der Handwerker. Mann, ich hab schon viel Scheiße gesehen, aber einen erwachsenen Magier, der versucht, andere Leute zu seinem wandelnden Bücherregal zu machen, das war neu. Dann versucht er, das Ding am Sattel zu befestigen und läuft rückwärts neben seinem Pferd her. Fast wäre er in einen Graben gefallen. Die anderen Priester haben geguckt, als wäre der komplett durchgeknallt – was er vermutlich auch ist.


Minobe quatscht den Schreiber: Der berichtet, am Kloster gab es ein kleines Dorf. Früher hat das Dorf vom Kloster gelebt und anders rum. Jetzt ist das Kloster noch auf Verpflegung von außen angewiesen, aber es wäre wünschenswert, wenn das Dorf wieder besiedelt würde.


Minobe war aber den ganzen Tag komisch drauf. Die Südländerin hat sich immer weiter nach hinten fallen lassen, und Persephone, das Naivchen, ist natürlich gleich zu ihr hin und hat gefragt, ob alles in Ordnung ist. Typisch für sie – sieht jemanden leiden und muss gleich helfen. Ich frage mich ehrlich, wie sie ihre Beute kriegt. Vielleicht bringt sie sie dazu, direkt selbst mitzukommen, indem sie die Leute therapiert. Minobe aber hat sich aber nichts anmerken lassen, die Geheimniskrämerin.


Am Abend erreichen wir Greifenberg. Ein Kaff mit vielleicht 40, 50 Leuten, aber die haben uns herzlich empfangen. Emeran geht mit ins Hause des Dorfvorstehers und der Rest wohnt im Stall. Rhayad's Gesichtsentgleisung zum schießen.


Irgendwann verschwindet Tselda plötzlich. Einfach so. Sagt nicht mal Tschüss oder wo sie hingeht. Ich kapier die nicht...


Wir sitzen draußen am Feuer und suafen einen, dann geht die Scheiße richtig los. Ich sitze gemütlich da, denke an meine Geschäfte in Punin, als plötzlich Khorim zu seinem Spieß greift und Rhayad aus dem Stall gestürmt kommt und irgendeinen Zauber wirkt. "Haben die ne Zirkusnummer einstudiert?", denke ich mir, „was geht denn jetzt ab?"


Dann sehen wir Minobe, die da draußen im Dunkeln rumtaumelt wie eine Betrunkene. Wir haben alle nicht wirklich mitgeschnitten, dass sie auf einmal weg ist. Khorim und Persephone rennen hinter ihr her, Edgenion trabte auch hinterher. Und dann das: Minobe reißt sich die Augenklappe runter, und ihr linkes Auge leuchtet rot auf wie ein verdammter Leuchtturm. Nicht nur das – das Ding ist aus Rubin oder so was, aber es bewegt sich wie ein echtes Auge. Völlig durchgeknallt. Scheiße, das Teil würde mich vermutlich über ein ganzes Jahr bringen.


Khorim schüttelt sie wach, und sie kommt wieder zu sich. Natürlich macht sie wieder auf geheimnisvoll, aber Edgenion, der Labersack, redet so lange auf sie ein, bis sie endlich auspackt. War eigentlich anders herum, denn ich hab Edgenion angesehen, dass er eiegntlich gar nicht hören wollte, was sie zu sagen hatte. Das Auge ist angeblich ein uralt, das ihr zeigt, wenn sich magische Energien verschieben – Kraftlinien, was auch immer das wieder für ein Scheiß ist.


Aber das Beste kommt noch: Rhayad zaubert natürlich gleich wieder rum, will das Auge untersuchen. Wenigstens hat er das Teil da nicht rausgepuhlt, dachte ich. Analysiert es und findet heraus, dass das Ding nicht nur uralt ist, sondern auch ein eigenes Bewusstsein hat. Ein verdammtes Bewusstsein! Als hätte ich nicht schon genug Probleme mit unserem Kumpel Atnan, jetzt haben wir auch noch ein denkendes Auge dabei. Ich freu' mich.


Rhayad meint, das Auge sei mit Minobe verwachsen und voller Hellsichtsmagie. Großartig. Einfach großartig. Erst Dämonen, dann schwarze Geheimbünde, und jetzt wandelnde Kristallaugen mit Eigenleben.


Ich sag euch, ich bin ja einiges gewohnt, aber langsam reicht's mir mit dem ganzen magischen Scheiß. Kann nicht mal ein Auftrag normal ablaufen? Einfach rein, Geld kassieren, wieder raus? Aber nein, immer muss irgendwas Übernatürliches dabei sein.


Naja, wenigstens weiß ich jetzt, warum die Südländerin mitgekommen ist. Nicht aus Langeweile oder Abenteuerlust – sie hat ihr eigenes magisches Problem am Hals. Oder besser gesagt, im Kopf.


Es war schon nach elf, als wir endlich schlafen gegangen sind. Morgen geht's weiter zum Kloster. Ich kann nur hoffen, dass dort wenigstens normale Probleme auf uns warten. Menschen, die man bestechen kann, Geheimnisse, die sich verkaufen lassen – sowas eben. Nicht noch mehr sprechende Körperteile oder wandernde Energielinien.


Aber wer bin ich, dass ich mir was wünschen könnte? Bei meinem Glück wartet im Kloster vermutlich ein ganzer Chor singender Knochen auf uns.



Ork-Geschnätzeltes ohne Gesang

So, wo war ich? Ach ja, das leuchtende Auge. Diese ganze Scheiße mit Minobe und ihrem magischen Kristallauge in Greifenberg. Nachdem Rhayad rausgefunden hat, dass das Ding ein eigenes Bewusstsein hat – als ob wir nicht schon genug Probleme hätten – sind wir dann endlich schlafen gegangen. War schon nach elf, und ich war fertig. Der ganze Tag, die Wanderung, und dann noch dieses Drama. Manchmal frag ich mich echt, warum ich mir das antue.


Die Reise ist zäh. Berge sind scheiße, das sage ich euch. Immer hoch, immer runter, die Pferde meckern, meine Beine meckern, alle meckern. Naja, bis auf der fette Hüter, erstaunlicherweise.


Persephone läuft neben mir und labert mich voll. Die Kleine hat echt kein Filter im Kopf. "Atansio, glaubst du, die Orks kommen zurück?" "Atansio, warum bist du eigentlich kein Soldat geworden?" "Atansio, was ist das für ein Geruch?" Das bin ich, Süße, nach zwei Tagen ohne Bad. Willkommen in der Realität.


Gegen Abend finden Nummer 9 und Minobe einen halbwegs brauchbaren Lagerplatz. Die beiden verstehen sich anscheinend ganz gut, was Wildnis und Überlebenskram angeht. Minobe zeigt ihm ein paar Tricks, er nickt beeindruckt – richtige Pfadfinder-Romantik. Khorim legt sogar ein paar einfache Fallen aus. Clever, muss ich zugeben.


Wir machen ein Feuer, und Nummer 9 fragt tatsächlich, ob wir nicht ein Lagerfeuerlied singen könnten. Der meint das auch noch ernst! "Bist du bescheuert?", sage ich. "Hier laufen Orks rum, willst du denen eine Einladung schicken?" Edgenion ist natürlich sofort Feuer und Flamme für die Idee und wollte direkt loslegen, aber ich hab ihn gebremst. "Sind wir hier auf einem Ausflug mit der Praios-Jugend oder was? Nummer 9 sieht das zum Glück ein. Edgenion schmollt noch ein wenig, aber besser das, als tot.


Das Wetter wird übrigens immer beschissener. Wind zieht auf, Wolken, das volle Programm. Genau das, was man braucht, wenn man draußen pennen muss.


Ich übernehme die erste Wache zusammen mit Rhayad. Der Schwarzmagier ist überraschend still heute Abend. Guckt nur in die Dunkelheit und murmelt ab und zu was über "primitive Verhältnisse". Mann, 'n bisschen geht der mir schon auf den Sack.


Und dann geht's los.


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Mitten in der Nacht. Ich höre ein Knacken, ein Rascheln – und plötzlich stehen da acht grüne Arschlöcher in unserem Lager. Orks. Verschissene Orks. Groß, hässlich, stinkend, und alle mit Waffen, die aussehen, als hätten sie schon ein paar Schädel gespalten.


"ORKS!" brülle ich und ziehe meine Dolche. Die anderen wachen auf – Chaos pur. Jeder springt auf, greift nach Waffen, Persephone stolpert fast über ihre eigenen Füße.


Zwei von den Viechern stürzen sich direkt auf mich. Natürlich. Warum auch nicht? Der eine schwingt so eine Axt, mit einer scheiß Spitze dran.. Ich weiche aus, aber der zweite erwischt mich mit seinem gezackten Schwert an der Schulter. Fickende Hölle! Das tut weh! Der Schmerz schießt durch meinen Arm, aber ich hab keine Zeit zum Heulen.


Ich ziehe meine beiden schweren Dolche – meine treuen Begleiter aus Al'Anfa-Zeiten – und gehe auf den Axtträger los. Ramme ihm einen der Dolche in die Seite, nicht tief genug, der Bastard ist zäh wie Leder. Aber ich drehe die Klinge, wie ich's gelernt hab, und jetzt brüllt er vor Schmerz. Das ist schon besser. Er taumelt zurück, mehr wütend als kampfunfähig, und holt wieder aus. Ich springe zurück, meine Schulter schreit, und versuche, nicht zu sterben. Glamourös ist anders, kann ich euch sagen.


Links von mir sehe ich Rhayad, der steht einfach da, die Hände erhoben, und murmelt irgendwelche Wörter. Plötzlich fängt einer der Orks an zu schreien – richtig zu schreien, nicht so ein Kampfgebrüll, sondern vor Schmerz. Der Typ windet sich, fällt auf die Knie, krallt sich den Kopf. Rhayads Horriphobus-Zauber oder was auch immer. Der Ork rennt dann einfach weg, schreit dabei wie ein Kleinkind, das seine Mama verloren hat. Okay, muss ich zugeben, das war beeindruckend. Scheinbar macht der keine halben Sachen.


Persephone ist ein Wirbelwind. Die kleine Kopfgeldjägerin hüpft mit ihren zwei schweren Dolchen um ihren Ork herum – einfach, effizient, brutal. Der Typ ist in Sekunden erledigt. Dann springt sie rüber zu Edgenion, der sich ziemlich blöd anstellt mit seinem Typen. Der Barde fuchtelt mit seinem Schwert rum wie ein Mädchen bei ihrem ersten Tanzunterricht. Aber am Ende – mit Persephones Hilfe – kriegt er ihn auch um. Gut gemacht, Singvogel.


Nummer 9 kämpft mit einem Ork vor mir, sein Khorspieß wirbelt durch die Luft. Ich seh meine Chance und – zack – einer meiner Dolche in den Rücken des Orks. Hinterrücks, ja, ich weiß, nicht ehrenhaft und so, aber fick dich, das ist Krieg. Der Ork sackt zusammen. Khorim dreht sich um, nickt mir kurz zu. Ja, Teamwork, Baby.


Und dann – dann sehe ich Minobe.


Die Frau ist... ich meine... verdammt. Die kämpft nicht, die tanzt. Zwei Orks greifen sie an, und sie wirbelt mit ihrer Zweililie herum – so ein elegantes elfisches Ding, das aussieht, als könnte es gleichzeitig Blumen pflücken und Köpfe abschlagen. Beim ersten Ork spuckt sie ihm irgendwas direkt in die häßliche Fratze – Hexengalle oder so ein Dreck, der Typ schreit auf und greift sich ins Gesicht. Dann schneidet sie ihn einfach auseinander. Der zweite bekommt die volle Behandlung: Sie weicht aus, ein Schnitt hier, ein Stich da – zack, zack, beide tot. Einfach so. Keine Hektik, kein Schweiß, keine Probleme. Die guckt dabei noch gelangweilt, als wäre das ein verdammter Spaziergang.


Ich stehe da, blutend, keuchend, und denke nur: "Scheiße, die Frau ist auf einem ganz anderen Level." Kein Wunder, dass hier Statuen von ihr rumstehen.


Der letzte Ork hatte irgendwie wenig Chance. Rhayad und Tselda hacken auf den ein und ich glaube, ich hab mehr Dolche, als Tselda Arme hat gesehen. Details sind mir ein bisschen verschwommen, ehrlich gesagt. Adrenalin, Schmerz und noch mehr Schmerz. Ich versuche nicht zu heulen, man, fällt mir schwer, muss ich ehrlich zugeben.


Danach sitzen wir alle da, behandeln unsere Wunden. Persephone hilft mir, meine Schulter zu verarzten. Tut höllisch weh, aber ich beiße die Zähne zusammen. Kein Grund, sich zu blamieren.


Nummer 9 und Minobe sind zu aufgewühlt zum Schlafen. Die beiden sitzen am Feuer, starren in die Flammen. Ich leg mich hin, aber schlafen kann ich auch nicht wirklich. Jedes Mal, wenn ich die Augen schließe, sehe ich diese grünen Fressen vor mir.

Verdammt. Diese Viecher machen es einem leicht, sie zu hassen. Und ich hasse Berge. Und ich hasse dieses ganze Abenteuer.


Aber hey, wir leben noch. Das ist doch schon mal was, oder?

Morgen weiter zum Kloster. Mal sehen, was uns da erwartet. Kann ja nur besser werden.

Hah! Wer's glaubt.


Steine, Oger und andere "Geschenke"

Also, nach diesem verdammten Orkgeschwader musste ich mich erstmal wieder zusammenreißen und flicken. Tatsächlich hab ich das dann auch bei Edgenion gemacht, der sich auch ganz schon was eingefangen hatte. Das Blut geht mir nicht so schnell aus, aber verdammt, das tat weh. Immerhin hats soviel geholfen, dass meinen Schlafplatz nicht vollbluten muss.


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Wir haben die Ork-Leichen dann zu einem Abhang geschleppt und sie hinuntergerollt. War mir eigentlich recht und hat irgendwie auch'n bisschen Spaß gemacht. Khorim hat vorher nochmal sein Ding gemacht und paar Sachen von den Orks eingesackt. Alles im Namen von Khor, versteht sich. Rhayad hat rumgejammert, dass es keine Herberge auf dem Weg zum Kloster gibt. Ha! Mittlerweile bin ich da eher dankbar dafür. Weniger Zivilisation bedeutet weniger Leute, die mich finden können und mit Leute meine ich natürlich Atnan. Emmeran hat irgendwas von Enthaltsamkeit erzählt – ja ja, sehr schön, für mich ist dieses Konzept eher geschäftsschädigend.


Nachdem wir die ganzen Orks-Überreste sortiert hatten, bin ich dann endlich eingeschlafen. War verdammt nötig.


Am nächsten Morgen – Rhayad sagt, es ist der 3. Rondra – verabreicht mir dieser Schwarzmagier tatsächlich noch einen Heiltrank. Okay, Respekt, hätte ich nicht wirklich erwartet, ehrlich gesagt. Ist ja nicht gerade so, als wären wir beste Kumpels. So'n Zeug ist nicht billig und das war auch keiner vom Grabbeltisch.


Die Reise geht weiter und wir erreichen irgendein Kaff namens Weihenhorst. Danach gehts zu einem Gehöft bei Korvik – das Ding steht schon seit drei, vier Jahren leer. Perfekt für uns. Ungestört pennen - hoffentlich.


Aber dann passiert was Interessantes. Diese Schreinerin, die Andra, die starrt Edgenion die ganze Zeit so komisch an. Ich kenne den Blick. Wenn ich den bei einem meiner Mädchen sehe, dann kann bereits nach Ersatz suchen. Und Persephone? Sie sieht das und guckt auf einmal, als würde sie Blitze aus den Augen schießen. Ha! Das hätte ich nicht gedacht, dass sowas in der kleinen steckt. Offenbar trällert Edgenion bei ihr nen ganz besonderes Lied. Die Frage ist nur, ob er das auch weiß.


Edgenion, der Labersack, nutzt die Gelegenheit natürlich, um den Hüter Emmeran vollzutexten. Der Kerl erzählt ihm dann von all dem Scheißdreck, der im Kloster los ist: verdorbene Lebensmittel, Geistererscheinungen, Alpträume, Krankheiten – du name it. Sieben Säcke Weizen, alle einwandfrei. Am nächsten Morgen sitzen tausende Kornkäfer drin. Emmeran schwört, dass die alle in Ordnung waren. Klar, und ich bin König von Al'Anfa.

Es gibt da einen Bruder Prajodur – den Koch – der soll mehr über die verdorbenen Lebensmittel wissen. Und heilige Pflanzen waren auch betroffen, alles vertrocknet von einem Tag auf den nächsten. Das ist nicht normal. Das ist überhaupt nicht normal. Aber wer bin ich, um die Praiositen zu beurteilen? Solange ich mein Geld bekomme, können die gerne mit magischem Getreide arbeiten.


Inzwischen quatscht Minobe mit der jungen Novizin Melissa. Die kleine wird bleich wie eine Wand, wenn die SÜdländerin ihre Augenklappe anschaut. Aber die beiden verstehen sich dann doch irgendwie – Minobe redet mit ihr, beruhigt sie. Huh, wer hätte das gedacht? Rotauge kann also auch nett sein. Wer hätte das geahnt?


Die Melissa erzählt dann, dass ihr das Kloster eigentlich ganz gut gefällt. Sie mag Menschen nicht so sehr – Geschmacksache, würde ich sagen. Ein paar Brüder sind nett zu ihr, besonders dieser Prajodur, der Koch. Der gibt ihr manchmal extra Essen. Tja, mal sehen, ob der es mit der Enthaltsamkeit so hält, wie Emaran sich das so vorstellt.


Persephone quatscht dann auch noch die Schreinerin an. Netter Schachzug, kenne deine Feinde. Andra will hier was lernen von den Zwergen und vom großen Baumeister Andrag. Und sie hat keine Angst vor den Geistern und Dämonen – weil wir ja so gute Kämpfer sind. Ha! Die kleine hat da ne ganz hohe Meinung von uns, das muss ich zugeben. Die Götter werden mit uns sein und so. Naja, wenn die Götter auf unserer Seite sind, warum lässt sich das nie in meinem Portemonnaie blicken?


Am Abend einigen wir uns auf die Wachen und dann wird's seltsam. Während der Nacht höre ich immer wieder ein unheimliches Wimmern – richtig aufdringlich, absolut nicht zum Einschlafen. Und dann dieser grüne Nebel, der sich über die Landschaft legt. Kein Wind, der ihn trägt, er kommt einfach so. Das ist nicht natürlich. Das riecht nach Magie, und nicht nach der guten Art. Wenn es sowas überhaupt gibt. Ich setze mich auf und starre in den Nebel. Verdammt, ich hasse Berge. Ich hasse diesen Nebel noch mehr. Aber ansonsten bleibt die Nacht ereignislos.


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Bei Tagesanbruch geht's los auf den steileren Abschnitt. Und verdammt, das ist wirklich steil. Khorim und Persephone führen die Gruppe an, dann Edgenion, ich in der Mitte und Rhayad etwas weiter hinten. Die Höhe macht mir schon ein wenig zu schaffen, ich bevorzuge eher kurze Fallwege. Am Tagesende erreichen wir eine kleine Hütte – mehr Ruine als Unterkunft, aber besser als im Freien pennen mit diesem grünen Scheißnebel. Am nächsten Morgen geht's weiter aufwärts. Der Himmel verhängt sich, kalter Wind zieht auf. Winter kommt, würde ich sagen, wenn es nicht bereits Winter wäre.


Und dann passiert was. Ich wage mich an den Abgrund – okay, Rhayad haut mich dafür später im Traum noch mal um – und sehe tatsächlich Skelettüberreste weit unten. Ein ranziger Geruch steigt auf, und nicht so ein normaler, nach verrottetem Fleisch stinkender Geruch. Das ist anders. Rhayad bemerkt das auch. Wir gucken uns an, und dann meldet sich Minobe direkt und fast schon beiläufig: "Ogergeruch! Wir sollten weiterziehen!"


Oger! Verfluchte Scheiße. Erst Orks, jetzt Oger. Was kommt als nächstes? Drachen? Verdammt Berge.


Der Weg bleibt steil, und plötzlich sehen Khorim und Persephone vorne etwa 40 Meter über uns eine Bewegung – drei, vier Gestalten mit rötlichem Pelz. Goblins! Und die schieben einen verdammten Felsbrocken von der Kante! Khorim brüllt HALT und wir werfen uns zur Seite. Der Stein schlägt neben uns auf – knapp entgangen, aber nur knapp. Die Goblins sind genauso schnell weg, wie sie gekommen sind.


Ich bin langsam echt durch. Erst Orks, dann dieser Scheißnebel, jetzt Oger und Goblins. Was ist das hier, verdammt? Ein Jahrtag für Monster? Als hätte jemand nen Sack mit Überraschungsgästen über uns ausgeschüttet. Danke für nichts!.


Wir übernachten in einer Höhle – nicht ideal, aber besser als auf einem Weg, wo Goblins Felsbrocken auf einen werfen. Am nächsten Morgen marschieren wir weiter. Es ist noch kälter geworden, der Wind schneidet mir ins Gesicht wie ne stumpfe Klinge. Gegen späten Vormittag erreichen wir endlich den Passsattel. Und da liegt es vor uns: Aras de Moth.


Das Kloster ist verdammt beeindruckend, muss ich zugeben. Baugerüste überall, Arbeiter laufen rum, es wird noch dran gebaut. Ein imposanter Bau – groß, massiv, irgendwie heilig aussehend. Genau wie ein Praios-Kloster eben aussehen sollte, würde ich sagen.


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Aber dieses Ding – dieses Kloster – da stimmt was nicht. Ich kann's nicht genau beschreiben, aber während wir näher gehen, kriege ich so ein Gefühl im Magen. Nicht wie Hunger, eher wie Angst, nur dass ich keine Angst hab. Oder vielleicht doch. Verdammt, ich weiß es nicht.

Die Frage ist jetzt: Was erwartet uns hier? Sabotage? Geister? Noch mehr Monster? Und vor allem – zahlen sie am Ende wirklich?


Fünf Silber sind eindeutig zu wenig

Also, wir sind angekommen. Kloster Aras de Mott, wie es sich gehört. Der erste Eindruck? Beeindruckend, aber auch irgendwie beängstigend. Ein halbes Dorf, das aussieht, als hätte jemand es mit einer Axt malträtiert - was vermutlich auch genau so passiert ist. Etwas weiter in der Ferne, der sogenannte schwarze Hügel. Schwarz ist der tatsächlich, allerdings nicht, weils da so dunkel ist. Der ist schwarz, weil da die Asche von hunderten, vielleicht tausenden Orks liegen. Das muss ein Feuerchen gewesen sein. Hat bis Gareth geleuchtet. Aber es gibt auch ein Zeltlager – etwa zwanzig Zelte, vielleicht mehr. Arbeiter, Priester, Pilger, wer weiß. Und baugerüste überall. Das Kloster wird wieder aufgebaut, Stein für Stein. Respekt, muss ich zugeben. Die Praiositen arbeiten hart, das lässt sich nicht leugnen. Nur das Geschäftsmodell ist mir ein bisschen suspekt.


Wir werden in einem notdürftig reparierten Nebengebäude untergebracht. Nicht gerade luxuriös, aber wir pennen ja sonst auf der Straße, also keine Beschwerden. Emaran sagt uns noch, dass heute kein Badetag ist. Haha! Das ist Minobe offenbar ziemlich egal, sie ist nicht nur effizient im Kampf, sieh auch noch gut dabei aus. Die macht keine halben Sachen. Aber, wir nutzen alle die Gelegenheit, den Mist der Reise abzuwaschen. Ich hab das Gefühl, Orkblut klebt mehr, als verdammte Schweinescheiße.



A propos Kacke: Dann treffen wir auf den Hüter Bormund.


Heilige Scheiße, dieser Typ ist ein Arschloch. Und nicht das nette, unterhaltsame Arschloch – nein, das schlimmste, was es gibt: Ein heiliges Arschloch. Der Mann ist vielleicht 50 oder sieht nur so aus, hat diese typische Priester-Frömmigkeit im Gesicht und die Stimme eines Mannes, der sich noch nie jemals geirrt hat. Er kommandiert uns herum als wären wir in irgendeinem beschissene Arbeitslager, nicht wie Leute, die auch für seinen Schutz hier sind. Mir war nicht klar, dass wir nen Sklavenvertrag unterschrieben haben. Absolute Tabu-Liste: Reden nur wenn nötig, Respekt vor Ruhezeiten, keine weltlichen Sünden. Das Übliche. Der Typ duldet keine Abweichungen. Seine Worte, nicht meine. Sagte ich schon Knast?


Ich bin ja einiges gewohnt, aber dieser Bursche schafft es, mir innerhalb von zwei Minuten auf die Eier zu gehen. Und das will was heißen. Danach noch Serkia – die Lagermeisterin oder was auch immer. Eigentlich Novizin, aber das sind Details. Sie erklärt uns das Tagesprogramm in diesem hochnäsigen Ton, der mir sofort sagt: Diese Frau kommt aus reichem Hause und hat noch nie einen ehrlichen Tag Arbeit geleistet. Morgens Gebete, tagsüber Bauarbeit, abends Gebete. Wir sind hier nicht im Urlaub, wir sind Knechte für den Glauben. Verstanden? Ähh, was zur Hölle?


Klosterregeln
Klosterregeln

Minobe macht sich sofort auf den Weg in den Bergfried – wo die Küche ist. Sie weiß, dass wir Informationen brauchen, und wer redet am meisten? Der Typ, der den ganzen Tag mit Essen rumhantiert. Da trifft sie Bruder Praiobur, den Koch.


Und Moment – dieser Typ ist tatsächlich nett. Freundlich, gesellig, geschwätzig wie eine Waschweib und fett. Hab ich mir nicht ausgedacht. Klingt wie ein verdammtes Klischee, aber was soll ich sagen. Endlich mal jemand, der normal tut! Der erzählt Minobe nämlich was Interessantes: Er ist sich nicht ganz sicher, ob das, was Emaran uns gesagt hat, wirklich wahr ist. Verdächtig. Sehr verdächtig, oder aber, er kommt hier nicht so wirklich oft vom Kessel weg. Und dann: Vor zwei Tagen. Aran Breitbach, ein Dachdecker. Tot. Der Mann ist vermutlich aus Angst vom Gerüst gesprungen. Aus Angst! Das bedeutet: Hier passiert was, das die Leute so verängstigt, dass sie sich von der verdammten Wand schmeißen.


Oh, und das Beste? Neulich hat Praiobur Geistererscheinungen gesehen. In der Küche. Alles hat angefangen zu klappern. Keine Erklärung, keine Logik – einfach nur Scheißspuk. Normal ist anders.


Nummer 9, schaut sich derweil die Verteidigungsanlagen an. Der Mann ist praktisch veranlagt, das muss ich ihm lassen. Aber überraschend: Die Anlagen haben offenbar keine Priorität im Wiederaufbau. Seltsam. Man würde denken, nach einem Orkkrieg wäre Verteidigung ganz oben auf der Liste, nicht?


Ich selbst mache einen Rundgang durch die ganze Anlage. Das ist meine Spezialität – den Überblick behalten, die Örtlichkeiten kennen, wissen, wo das Geld ist und wo die Hintertüren. Auf der Baustelle, vorrangig beim Tempel, herrscht reges Treiben. Überall Handwerker, Zwerge, Priester. Lauter, chaotisch, aber organisiert. Irgendwie.


Edgenion und Persephone gehen zu den Ställen. Der Singvogel musste sich vorhin ein paar ziemlich strengen Blicken stellen, weil hier Trällern nur gestattet ist, wenn es auch praiositisch ist. Einfach mal so nebenbei die Laute spielen - iss nich. Sie treffen auf Larissa – die kümmert sich um neun Pferde. Und die erzählt ihnen, dass sie mal nachts im Klostergatten ein Gespenst gesehen hat. Einen der Brüder, die von den Orks umgebracht wurden. Großartig. Noch mehr Spukerei - ich freu' mich.


Es gibt auch einen Kleintierstall mit Hühnern und Kaninchen – normal. Und dann ein niedergebranntes Gebäude, das schon seit drei, vier Jahren einfach so dar liegt. Und die Mauer? Sturmreif geschossen worden. Das war damals, als Alrik von Blautann einfiel und das Kloster befreite. Ein kleiner Durchgang für die Handwerker steht immer noch offen. Interessant. Das könnte später noch wichtig sein.


Rhayad hingegen – unser wunderbar arroganter Schwarzmagier – will mit Augenzeugen reden. Er geht zum Friedhof, irgendwie ein halbes Baustellenlager, erfragt den Verbleib von Bruder Tobur. Der sitzt im Bergfried, heißt es. Vermutlich in der Küche neben Praiobur und klaut Kekse, haha. In der Küche fragt er Praiobur, wie er zum Skriptorium kommt. Die Antwort: Geh zu Bormund, der ist auf der Baustelle. Also wieder zurück zur Baustelle.


Und jetzt wird's lustig. Rhayad stellt sich dort überraschend demütig vor – der Typ kann lügen bis sich die Balken biegen und macht dabei ein Gesicht, wie die Handler auf dem Basar Raschduls. Ich meine, er ist ein Schwarzmagier aus Fasar, verdammt noch mal, aber er tut so, als würde er Bormund bewundern wie, nun, ich hab ehrlich gesagt gar keine Ahnung, wen oder was Rhayad eigentlich so bewundert. Aber egal: Bormund? Der durchschaut das nicht. Nein, überhaupt nicht. Er fühlt sich gebauchpinselt. Der denkt, dass Rhayad wirklich voller Ehrfurcht vor Praios ist und führt ihn höchstpersönlich ins Skriptorium!


Im Skriptorium sitzt Bruder Tobur an verschiedenen Schreibpulten. Der Mann holt ein Buch für Rhayad – "Traktat zur Lehre und Wirken des Hochheiligen Aras de Mott". Spannend, würde ich sagen, wenn mich der Scheiß nicht völlig am Arsch vorbeigehen würde.

Rhayad studiert dieses Buch. Stört niemanden, sitzt da einfach und liest, ohne auch nur ein Wort zu verlieren. Später schreibt er noch eine Nachricht an Tobur, ohne sich mit Worten zu verabschieden. Das volle Respektprogramm.


Dann treffen wir uns alle wieder und stoßen auf Hüter Regardion.


Ein alter Mann, der sich um die Pflanzen kümmert. Grüne Finger, den Dreck unter den Nägeln, die ganze Romantik. Minobe spricht ihn an – und der Typ wird sofort misstrauisch! Will nicht mit ihr reden, zieht sich zurück wie eine Schnecke ins Haus. Interessant. Das ist nicht die Reaktion eines normalen alten Gärtners. Darum ist er Hüter hier. Der Älteste hier.


Nach dem Essen – und ja, das Essen ist okay, muss ich zugeben – bekommen wir eine Audienz, bei Nikola de Moth.

Der Abt. Der oberste Priester, der ziemlich oft Hochgeweihte, oder was auch immer für Titel, die hier haben. Der Mann, der dieses ganze Kloster leitet. Wir werden ins Kaminzimmer geführt.


Nikola de Mott
Nikola de Mott

Und dann steht er da. Ein alter Mann. Nicht freundlich alt, nicht weise alt – verdammt finster alt. Die Augen dieses Typen... ich kann sie nicht beschreiben. Sie sehen aus, als hätten sie Dinge erblickt, die kein sterblicher Mensch sehen sollte. Und noch schlimmer – als würden sie immer noch sehen, auch wenn der Rest der Welt längst weggeschaut hat. Die Atmosphäre in diesem Raum ist schwer. So schwer, dass ich kaum atmen kann. Der Mann steht nur da. Sagt nichts. Guckt uns einfach an. Alle der Reihe nach. Fühlt sich an, als hätten WIR irgendeine Scheiße gebaut.


Warum denn schon wieder Dämonen?

Wir stehen vor Aras de Mott, andere Namen, wie die von Monstern aus Albträumen könnten hier auch passen, ehrlich gesagt. Bormund stellt uns vor – mit diesem üblich arroganten Ton. Zum Glück unterbricht Nicola ihn direkt. „Genug, Bormund!" Der Ton ist nicht laut, aber die Autorität dahinter ist absolut. Selbst dieser Hurensohn von einem Hüter fährt sofort ein.


Dann stellt sich der Abt vor. Nicola de Mott. Lehrmeister des Klosters. Und ja, man sieht ihm an, dass er einer der wenigen Menschen hier ist, der wirklich Autorität ausstrahlt.


Wir stellen uns vor. Rhayad macht das Übliche – höflich, respektvoll, ein bisschen zu perfekt. Der Schwarzmagier kann das richtig gut, das muss man ihm lassen. Ich halte mich kurz und knapp. Keine Lebensgeschichte, keine Details. Das ist ein Geschäft, nichts mehr.


Dann sagt Nicola, warum wir hier sind. Und hier wird's interessant:

Die Sabotage. Das war kein zufälliger Überfall von verirrten Orks. Das war durchdacht. Ein Überfall auf Nicola selbst und zwei seiner Brüder – aber nicht wie Orks kämpfen. Nein. Das war geplant. Organisiert. Und die Heilkräuter, die entwendet wurden – auch kein Zufall.


Minobe fragt direkt, ob wir „ungewöhnliche Mittel" greifen dürfen. Sprich: Magie. Hexerei. Das ganze verbotene Zeug hier im Praioskloster.

Nicola antwortet, dass es hier Regeln gibt. Magie und Musik sind nicht gestattet. Nur bei „unbedingter Notwendigkeit für eine Rettung" dürfen wir Ausnahmen machen. Das ist diplomatisch für: „Haltet euch verdammt an die Regeln, oder ihr seid raus."


Dann Rhayad mit seiner nächsten Frage – ob die Erscheinungen „erkannt" wurden. Ob es nur Schemen sind oder echte Geister.

Nicola sagt, dass einige Brüder zurückgeblieben sind, um die Reliquien zu verteidigen. Die Reliquien! Nicht die Baustelle, nicht die Priester – die Reliquien! Das sagt mir alles, was ich wissen muss. Menschen haben hier keine Priorität.


Edgenion – der Labertasche – fragt, wann die Vermutungen der Sabotage begannen. Jandrim antwortet: Vor fünf Monaten. Ein Brand in einem Holzlager außerhalb der Mauern, kurz nach der Schneeschmelze. Danach wurde alles Wertvolle hineingebracht. Aber auch das hat die Sabotage nicht gestoppt. Nein. Sie ging einfach weiter. Innerhalb der Mauern!

Das bedeutet nur eins: Der Saboteur ist hier. Oder mehrere. Und sie wissen, wo sie suchen müssen.


Dann wird Edgenion neugierig – was würde den Bau am meisten zurückwerfen? Jandrim fängt an zu quatschen. Krankheiten, Brände, schlechte Handwerker – der Typ redet und redet und redet. Ich versuche, nicht einzuschlafen. Stattdessen frage ich nach Besuchern. Wer kommt hier rein? Verdächtige Gestalten?


Jandrim sagt, dass Besucher willkommen sind, solange sie nicht „suspekt" sind. Was zur Hölle bedeutet „suspekt"? Für einen Priester ist wahrscheinlich jeder suspekt, der nicht täglich zu Praios betet.


Dann versucht Minobe, an Nicola heranzukommen. Sie fragt direkt: „Ihr seid der Hüter des Geheimnisses. Was wäre geschehen, wenn euch etwas passiert wäre? Wer hätte dann Kenntnis über das Geheimnis?" Nicola antwortet mit drei Worten: „Das geht euch nichts an!" Verdammt! Das ist nicht nur eine Abfuhr – das ist eine Warnung. Dieser Mann vertraut uns nicht. Und ehrlich gesagt, kann ich das verstehen. Wir sind eine Bande von Abenteurern, die er vor zwei Stunden zum ersten Mal gesehen hat. Warum sollte er uns sein Innertes offenbaren? Aber was mir auffällt: Er hat nicht gesagt, dass es kein Geheimnis gibt. Er hat nicht gesagt, dass die Frage dumm ist. Nein. Er hat nur klar gemacht, dass wir unsere verdammte Nase nicht in seine Angelegenheiten stecken sollen.


Bruder Wismund
Bruder Wismund

Plötzlich kommt dieser Bibliothekar, Bruder Wismund, hereingestürzt. Der Typ sieht aus, als würde er gleich einen Anfall kriegen. Stammelt irgendwas Unverständliches. „Ä-ä-ä..." Nicola schneidet ihn ab: „Bruder Wismund! Noch während Bormung eingeatmet hatte, um sich mal wieder wichtig zu machen. Nicht jetzt! Das muss warten." Der Bibliothekar verschwindet wieder wie ein Gespenst. Aber ich habe gesehen, wie Nicolas Blick scharf wurde. Was auch immer Wismund mitteilen wollte – es war wichtig. Und es war nicht für unsere Ohren bestimmt.


Wir verlassen den Raum. Nicola sagt uns noch, dass wir ihn auf dem Laufenden halten sollen. Dann sind wir draußen.

Das erste, was ich denke: Diese verdammte Nacht wird interessant.


Wir treffen uns alle später in unserer Unterkunft – diesem halbwegs reparierten Nebengebäude, das mehr nach Knast riecht als nach heiligem Boden.

Rhayad und ich halten sofort eine Beratung ab. Der Saboteur ist innerhalb der Mauern. Das ist klar. Die Frage ist: Wer? Und wofür? Wir reden über die Reliquien. Was könnte hier liegen? Teile von Heiligen? Alte Waffen? Zauberstäbe? Niemand weiß genau. Aber es muss wertvoll sein.


Dann fragt Rhayad, ob es Geistererscheinungen auch am Tag gibt. Wir sind uns nicht sicher. Normalerweise meiden Geister das Tageslicht – das Praioslicht, wie die Priester es nennen. Aber „normalerweise" ist ein Wort, das hier scheinbar keine Bedeutung hat.

Edgenion hat ne praktische Idee: Wachpunkte. Einer am Klostergarten, einer am Kräutergarten. Das macht Sinn. Von dort kann man ne Menge überblicken. Sowas macht er wohl nicht zum ersten Mal, was?


Dann zeigt Tselda uns, was sie „gefunden" hat. Ein Mondsilberbarren und ein Mondstein. Einfach so herumgelegen. Edgenion merkt verwundert an – magische Gegenstände hier im Praioskloster? Das ist nicht normal.

Minobe wird ernst. Sie berichtet von ihren Abenteuern mit Tseldas Bruder, diesem notgeilen Falkenstein und Edgenions Onkel Rondario. Kraftlinien, sagt sie. Magische Energielinien. Und dann sagt sie das Wort, das mir den Magen umdreht:


Dämonen!


Verfluchte Scheiße. Schon wieder. SCHEIßE!


Das ist nicht normal. Das sind nicht einfach ein paar gestörte Priester oder ehrgeizige Handwerker, die Konkurrenz ausschalten wollen. Wieso nur kann es nicht mal was einfaches, profanes sein. Ein paar Typen, die einfach nur Kohle machen wollen, wir schalten sie aus und dann machen wir Kohle. Klingt legitim für mich.


Tselda sagt, dass in den Werkstätten mehr Mondsilberbaren liegen. Das Material für die Kuppel, offenbar. Mondsilber, Mondsteine, andere Edelsteine. Alles zusammen gebaut zu etwas Großem. Wir sind uns da ziemlich einig, dass so magisches Zeug irgendwie nicht in einen Tempel für Praios gehört.


Ich denke an die fünf Silber pro Tag. Das ist jetzt eindeutig zu wenig. Viel zu wenig.


Wir planen die Nacht. Edgenion und Rhayad halten sich beim Klostergarten auf – Edgenion nimmt eine feste Position ein, Rhayad patroulliert. Minobe und Tselda bewegen sich Richtung Kuppel. Khorim und ich gehen zum Arbeiterlager außerhalb der Mauern. Persephone patroulliert auf der nordwestlichen Mauer.


Ich und Nummer 9 setzen uns an einem Lagerfeuer neben den Zelten hin. Die Arbeiter entspannen sich langsam. Fackeln werden angezündet, Lagerfeuer brennen. Es ist friedlich, fast idyllisch – wenn man die ganze verdammte Sabotage ignoriert. Jandrim hat sein großes Zelt mittig aufgebaut. Der Mann will sichtbar sein, will wissen, was um ihn herum passiert. Das verstehe ich. Ich würde das Gleiche machen. Aber ich bin angespannt. Die ganze Nacht. Etwas ist hier nicht stimmt.


Minobe und Tselda berichten später: Die Baustelle der Kuppel ist aufgeräumt. Keine wertvollen Metalle liegen einfach so herum. Das bedeutet – entweder zum Schutz vor Dieben, wobei ich mich frage, warum sie das vor Klosterinsassen schützen müssten oder eben damit niemand Fragen stellen kann.


Und: Krypta und Handwerkerstuben sind verschlossen. Verschlossen!


Persephone patroulliert auf der Mauer und fühlt sich einsam und beklemmend. Sie trifft Bruder Ucurius, den Heiler. Der Typ hat Wachdienst. Er trägt eine Fackel. Persephone weicht ihm aus, ist aber nicht wirklich beunruhigt.


Und dann – Edgenion sieht eine größere Nebelschwade am Klostergarten. Der gleiche grüne Nebel wie in der Nacht vor dem Kloster. Das Omen-Zeug. Das bedeutet: Es passiert wieder. Hier. Jetzt. In dieser Nacht.


Ich freue mich.... NICHT!


Sabotage deluxe: Jetzt mit Mord

Morgen. 4:45 Uhr. Morgen? Die wollen mich doch verarschen! Noch dunkel draußen, aber Bruder Ucurius reißt uns mit seinem verdammten Geläute aus den Federn. Ich hätte schwören können, dass ich gerade erst eingeschlafen bin. War wohl nicht so, wobei doch, es war so, oh man. Die Nacht war ruhig aber trotzdem irgendwie unheimlich – dieser grüne Nebel, der kribbelnde Magen, die Gewissheit, dass irgendwas Großes passiert.


Die Morgenandacht beginnt wie immer. Ich sehe mich um – Ucurius ist nicht da. Seltsam. Der Mann hatte doch gerade noch Wachdienst und Fackel in der Hand. Und Wismund auch nicht. Der nervige kleine Bibliothekar, der vorgestern beim Abt reinkraste wie von einer Tarantel gestochen, fehlt auch.

Das riecht irgendwie nach Ärger.


Nach der Andacht sehen wir Hüter Emaran und Bormund vor dem Kleintierstall. Zetern wie die Waschweiber, naja, eigentlich nur Bormund. Die beiden, also nur Bormund, geht Emaran an als würde er ihn gleich erwürgen wollen. Was ist denn hier los? Wie, beim Göttervater konnte das passieren? Wir waren noch gar nicht ganz angekommen, da schmeißt uns Bormund Inkompetenz und Nutzlosigkeit an den Kopf. Ich konnte Rhayads Wut in seinen Augen sehen. Das wäre nicht gut für Bormund ausgegangen, wenn sich unser schwarzmagischer Freund nicht zurückgehalten hätte. "Das wird Konsequenzen haben", setzt der Speichellecker aus sicherer Entfernung noch eins drauf. Wenn das hier vorbei ist und Bormund noch lebt, dann ist es nur noch ein Frage, wie lange noch. Als wir dann endlich da waren, konnten wir sehen, dass alle Hühner und Hasen getötet worden sind. Die Kadaver sind noch warm – die Tat kann nicht lange her sein. Vermutlich während der Andacht selbst. Das ist... ziemlich schlau, um hier Zwietracht und Angst zu schüren, denke ich mir. Mitten im Gebetszirkus tötet jemand die Tiere, vermutlich wissend, dass zwei von diesem Verein hier nicht anwesen waren. Naja, oder aber es war einer von denen.


Und Rattengift! Die Viecher sind mit Rattengift vergiftet worden. Praiobur – der nette und fette Koch – der hat vor drei Tagen schon Rattengift in unserem Gästehaus gestreut. Bei ihm lagert das Gift, was aus selber anmischt. Er stottert sich allerdings ziemlich aus der Affaire und ist es vermutlich nicht gewesen. Tatsächlich ist das komplette Tierfutter versetzt und Efferdin, der diese Woche Dienst hat, die Tiere zu füttern hat im Halbdunkel und -schlaf vermutlich nichtmal geschnallt, dass Rattengift im Futter. Hasenscheiße sieht dem Zeug auch fast zum verwechseln ähnlich. Das konnte also schon gestern passiert sein, das könnte aber auch schon länger her sein. Verdammt, das ist aufwändig. Das ist geplant. Das ist absichtlich.


Edgenion kommt der Gedanke, dass wir vielleicht gar nicht verpflichtet sind, bei diesen Andachten rumzusitzen. Ist mir ehrlich gesagt egal. Wenn ich hier Gebete mitmachen muss, um fünf Silber zu verdienen, dann bete ich eben. Langweiler-Silber sind immer noch Silber. Aber Recht hat unser Singvogel schon. Wir können unseren Job nicht machen, wenn wir hier ständig dies und das machen müssen.


Aber der Kern-Gedanke bleibt: Jemand sabotiert hier mit System. Erst die Geister,, dann ein toter Handwerker, jetzt vergiftete Tiere. Das ist kein Chaos – das ist ein verdammter Plan. Wofür der ganze Mist, frag ich mich.


Nach der Andacht rennen Minobe und Rhayad sofort los zur Baustelle. Sie wollen mit dem Triumphirat hier sprechen – De Mott, Bormund und Jandrim. Sie finden die drei diskutierend mit noch nem Zwerg bei der Kuppel. Rhayad hält eine richtige Rede. Referiert über den Tathergang, macht deutlich, dass wir mehr Freiheiten brauchen, um besser zu schützen. Ein kleiner Seitenhieb gegen Bormund ist auch dabei – der Kerl versteht es und wird wütend. Aber Rhayad ist clever genug, um nicht zu provozieren. Stattdessen wirkt er... überzeugend. Verdammt, der Schwarzmagier hat Talent. Als hätte er sein Leben lang schon als Ermittler gearbeitet.


Am Ende: Wir bekommen tatsächlich mehr Möglichkeiten. Wir dürfen uns freier bewegen, ohne die Klosterregeln so eng um den Hals zu haben. Das ist... gut. Sehr gut sogar.


Ich und Edgenion gehen derweil zu Ucurius.

Der Heiler bestätigt, dass Efferdin die Tiere gefüttert hat. Morgens, vor der Andacht. Ucurius hat aber sonst niemanden gesehen. Handwerkerpforte und Tor werden normalerweise nach der Andacht geöffnet. Das bedeutet – der Mörder war entweder schon drin oder ist nachts reingekommen. Beides ist verdammt suspekt, dummerweise aber möglich.


Und dann hören wir den Schrei.

Nicht irgendein Schrei. Dieser Schrei ist... anders. Pure Angst. Reine Verwirrung. Der schrillste verdammte Laut, den ich je gehört habe. Dieses verdammte Kloster...


Es ist Serkia. Die Novizin steht im Atrium und zeigt auf den Waschraum.Sie hat Bruder Wismund gefunden. In der Wanne. Mit Kutte. Und tot!


ree

Verdammt. Der nervige kleine Bibliothekar, der Kerl, der immer so aufgeregt wirkte – tot. Seine Pulsadern aufgeschnitten. Beide, korrekt. Effizient!


Ucurius versucht, die Situation unter Kontrolle zu bekommen. Er schafft alle bis auf die top frei und us raus. Serkia "übergibt" er an uns. Der Kerl ist ziemlich ruhig dabei, muss ich zugeben. Aber ich sehe etwas anderes – Edgenion findet eine Wunde am Kopf von Wismund. Eine Platzwunde. Der Typ wurde niedergeschlagen und dann in die Wanne gezogen. Das ist nicht Suizid. Das ist verdammter Mord, der wie Suizid aussehen soll.

Wismund war... zart besaitet, sagt Emaran mir später. Der Kerl konnte keine Konfrontation ertragen, hatte Angst vor der Dunkelheit. Ein gebrochener Mann, irgendwie. Umso fragwürdiger, warum man ihn beseitigen sollte.


Wir wollten zu Wismunds Arbeitsplatz, in die Bibliothek. Aber De Mott stellt sich quer. In der Bibliothek befindet sich die allerheiligsten Schriften. Ausschließlich Hüter dürfen da rein. Also Kirche vor Mensch. Verdammte Heuchler. Serkia wird befohlen zu schweigen. Der armen Novizin wird noch ein "Stärkungssegen" aufgeladen von Khorim – wie das helfen soll, einen toten Priester zu vergessen, ist mir ein Rätsel.

Tselda durchsucht Wismunds Taschen. Sie findet einen zerknüllten Zettel: M-S4-17. Das ist ein Buchhinweis, Rhayad ist da ziemlich sicher. Eine Referenz zu etwas im Skriptorium oder der Bibliothek. Edgenion und Rhayad verstehen sofort – das ist eine Verbindung. Wismund wollte gestern De Mott etwas zeigen. Der Kerl war nervös, wurde abgefangen, wurde Opfer. Vielleicht stecken De Mott, Bormund und oder Jandrim da mit drin? All drei sind Arschlöcher, jeder auf seine Weise. Es täte mir um keinen der drei leid, ehrlich gesagt.


Wir nehmen Wismund raus aus der Wanne. Der Kerl ist kalt. Wirklich kalt. Nicht nur von der Wassertemperatur – von innen heraus kalt. Wie lange war er da drin? Minobe und Rhayad finden später heraus – Bormund ist Scriptenmeister. Das ist der Mann, der die Bücher kontrolliert. Und Quanion – der ist Bibliothekar. Der Mann muss etwas über Wismund wissen.

Aber hier ist die Sache: Das war nicht einfach ein Kloster-Mord. Das gehört zu etwas Größerem!


Und die fünf Silber pro Tag? Scheiße, die sind spätestens jetzt DEFINITIV zu wenig.


Ich sitze später im Hof und rauche, wie verschissener Lehrling in einer Ecke, nur damit mich keiner sieht. Ja, ich habe Tabak mitgenommen, na und? Praiositen hin oder her, ich kann besser denken, wenn ich rauche. Persephone denkt ähnlich und kuzt sich neben mir in die Ecke. Haha, richtig so. Ich hasse diesen Ort. Aber ich mag das Geld. Bin ne Kirchenhure geworden. Drauf geschissen. Tselda hat recht, wir müssen in die Bibliothek. Mit oder ohne Erlaubnis. Ich spiele mit den Dietrichen in meiner Tasche.


Getrocknetes Blut und Vogelscheiße

Am nächsten Morgen, machen wir uns direkt auf den Weg zur Krypta, denn da waren wir noch nicht. Rhyad wollte Bormund übernehmen, so dass wir auch tatsächlich reinkommen. Es stellte sich als gar kein Problem war, vermutlich allerdings gerade wegen Rhyads Schleimerer . Bormundp wirkte aber trotzdem irgendwie nervös dabei, aber er hat die Eisentür geöffnet, . Dunkelheit, Treppen, und dann... sechs zerstörte Sarkophage. Alle geplündert, die Gebeine weg. Während der Orkkriege, sagt Bormund. Warum lassen die das so? Also wenn hierher gepilgert wird, finde ich sowas eher hinderlich um ehrlich zu sein. Mehr bekommen wir aber nicht raus. Bormund ziert sich mal wieder.

Danach, Aras de Mott höchstpersönlich. Naja, also vermutlich, denn da stand nur ein verdammt großer Marmorsarkophag, oben drauf so'n Greifenkopf mit geöffnetem Schnabel. Kunstwerk, muss ich zugeben, aber auch irgendwie beängstigend und ganz schön auf die Kacke gehauen. Kommt einem manchmal so vor, als hätten Praiositen 'auf die Kacke hauen erfunden'. Auch hier rückt dieser schleimige Aal, Bormund keine weiteren Informationen raus. Da konnte Rhayad auch noch so zuckersüß sein. Bormund musste oder eher wollte dann gehen.


Auf dem Grabstein steht:

"Hier ruht

ARRAS DE MOTT

Sein Name sei des Rechtschffanen Erbauung

Des Unwissenden Ermahnung

Und der Gezeichneten strahlender Fingerzeig

Wenn dereinst

Das Licht der Finsternis weicht

3 Offenb.d.S./98"


Wir betrachten den Sarkophag nochmal genauer. Der gesamte Deckel des Sarkophags ist aus EINEM Stein gearbeitet und zeigt ein großes Zepter mit einer Sphärenkugel. Minobe zaubert irgendwas, Rhayad fängt an zu fluchen, Nach alle dem, was ich so gehört habe, ist der Sonnengott und alle seine Diener nicht wirklich scharf auf Magie und dann gerade hier? Die hat Eier, dachte ich. Sie kann aber nix sehen. Interessant ist aber, DAS es keine Reaktion von Praios gab. Liegt wohl daran, dass der Ganze Bau hier noch nicht wieder geweiht ist.


Nachdem wir das Bißchen Vorhandene im Raum, ich meine außer dem krassen Steinblock, untersucht haben, haben wir Folgendes gefunden.

Ein Loch im Schnabel und Khorim findet eine Phiole drin – irgendein dunkles Zeug, aussieht wie getrocknetes Blut. Mit Blei versiegelt. Der Mann ritzt dich direkt in die Hand und täufelt sein Blut drauf... Ich meine, was zur Hölle? Das nenne ich durchgeknallt, er macht das zu Ehren seines Gottes oder sowas. Rhayad meinte noch, dass wohl nur nen Praioswunder im Stande wäre, das Blut wieder zu verflüssigen. Warum man das auch immer tun sollte, dachte ich mir.


Edgenion findet noch auf einem Stein an der Wand gegenüber vom Grabstein:

"Des Pförtners Ruf

Solang verhallt,

Bis heilges Blut

Im Schreine wallt!"


Edgenion fragt noch, was man wohl tun müsste, damit man die Weihung des Tempels verhindern könnte. Eigentlich ne gute Frage, aber Bormund versteht sie natürlich falsch und hofft, dass wir das nicht irgendwie vorhaben würden. Man, wieso sollten wir das den vorhaben. Son Kloster scheint der Intelligenz nicht wirklich gut zu tun.


Dann oben. Wir wollen gerade zurück zu unserer Luxusunterkunft, da tauchen plötzlich verschissene Krähen auf. Hunderte von den Viechern. Sitzen auf dem Hof und starren uns an. Nicht wie normale Vögel, als hätte einer von den Scheißvögeln einen Plan. Wir rennen los, versuchen in die Unterkunft zu Kommen. Als wir drin sind, drehen sie um und dann greifen die verdammten Dinger die Arbeiter an. Ich hab noch nie so Chaos gesehen – Leute rennen kreischend rum, wir schwingen unsere Waffen, und die Krähen? Ein paar krepieren, aber die fliegen davon, als wäre Nichts. Einfach so. Vorbei.


Rhayad läuft sofort zum Bergfried. Der will den Koch befragen – ob alles in Ordnung ist, ob oben was Seltsames passiert ist. Praiobur sagt ja, alles klar, alles normal. Rhayad versucht zu erreichen, dass wir vielleicht doch in die Bibliothek kommen, weil vermutlich Nikola de Mott da oben ist, aber da ist nix zu machen. Er klopft trotzdem an der Tür. Hüter Quanion macht auf und der hat auch nix mitbekommen. Het im Sessel gesessen und gelesen. Draußen geht die Luzi ab und der liest.


Hüter Quanion
Hüter Quanion

Währenddessen beobachtete Persephone, dass Bormund uns wohl bespitzelt und sich gegenüber dem Bergfried in dem kleinen Druchgang rumtreibt. Sobald er bemerkt hat, dass wir ihn sehen. Dann – zack – weg. Um die Ecke vom Speisesaal. Der Mann spioniert uns nach. Bormund. Der mir seit Tag eins schon auf den Sack. Und jetzt rennt er uns hinterher wie ne kleptomanische Magd? Das ergibt keinen Sinn. Oder – verflucht – es ergibt Sinn, nur in einer Art, die mir nicht gefällt.


Ich sitze jetzt da und überlege: Was weiß Bormund? Was weiß de Mott? Sind die zusammen in dem Mist drin? Jandrim spielt auch noch mit, irgendwie. Wismund war tot, erinnert sich jemand? In der Wanne, die Pulsadern aufgeschnitten, aber ne Kopfwunde auch. Das Nervenbündel wurde niedergeschlagen und dann hat man es so aussehen lassen, als hätte er Selbstmord begangen. Und was wollte er dem Abt zeigen? M-S4-17. Ein Buchcode. Etwas in der Bibliothek, warum Wismund sterben musste. Getrocknetes Blut und ein Schlüsselloch um Sarkophag, Krähen. Reicht dann auch mal, würde ich denken.


Ich vertraue keinem hier mehr. Nicht Bormund – offensichtlich. Nicht Nicola – viel zu verdächtig mit seinen "das geht euch nichts an"-Antworten. Nicht Emaran – zu doof um wahr zu sein, oder zu clever um ehrlich zu sein. Das einzige, das ich weiß: Hier passiert mehr. Und die fünf Silber pro Tag? Die sind längst Vergangenheit. Wenn wir hier lebend rauskommen, dann nur, weil wir Antworten haben. Echte Antworten.

Und die finden wir nicht, indem wir schlafen.


ree

Keine Sternstunde, wenn ihr mich fragt

Morgen. Wir sitzen in der Unterkunft und spekulieren. Rhayad hat ne Theorie: Für eine Nutzung des Tempels als Beschwörungsstätte ist der verdammte Tempel vermutlich nicht geeignet. Klar, der Mann kennt sich vermutlich mit Magiekanalisierender Architektur aus, schätze ich. Minobe hingegen hat was anderes im Kopf – sie nennt es Kesseltheorie, und ehrlich gesagt, macht es Sinn. Drei Parteien, sagt sie. Die Borbaradianer – die wollen, naja... Borbarad halt. Die Saboteure – keine Ahnung, was die eigentlich wollen, aber vielleicht ja diese Borbaradioten aufhalten. In diesem Fall wäre es gute Saboteure. Und die korumpierten Praioten – die spielen irgendwie mit. Schön kompliziert, wie immer.


Auf einmal steht Rhayad plötzlich auf, seine Haare stellen sich auf. Efferdsfeuer. Magisch-statische Aufladungen, wie er sagt. Magiescheiße, sage ich. Das ist nicht normal. Minobe spürt es auch – eine Wolke diffuser Magie, die Rhayad aus dem Fenster sieht. Und dann Minobe – die sieht, genauer gesagt, ihr krasses Auge, eine Kraftlinie, kommt direkt aus dem Boden, bewegt sich wie verrückt. Als würde jemand sie in Position bringen. Wie eine Marionette an Fäden.


Später am Tag, unten im Lager, geht's auch plötzlich los. Edgenion und Persephone riechen Feuer und Geschrei. Sie rennen runter, Khorim hinter ihnen. Ein Holzvorrat brennt, ein Lagerzelt ist hinüber. Eine Stunde dauert das Löschen. Und dann, weiter weg – Orkfußspuren. Die führen zum Schwarzen Hügel. Praktisch. Orks und magische Phänomene, zusammen wie ne verdammte Hochzeitsgesellschaft.


Zur gleichen Zeit bleibe ich oben mit Tselda, Rhayad und Minobe. Und wir machen das, was wir hätten nicht machen sollen: Wir steigen in die verdammte Bibliothek ein. An der ersten verschlossenen Tür hört Minobe jemanden schnarchen. Hüter Quanion. Der sitzt da wie ne tote Fledermaus über "Die Analen der Götter" und pennt. Rhayad zaubert und lässt ihn noch tiefer schlafen – ne ganze Stunde lang. Ich krieg' n' bißchen Angst. Tselda nimmt ihr Amulett und lässt uns besser sehen. Dafür müssen wir aber gut auf sie aufpassen, sagt sie. Klar, verstanden – wir passen auch noch auf sie auf, während wir in einem Praios-Kloster einbrechen. Das Leben ist komisch, kann man sich nicht ausdenken, eigentlich.


Ich knacke das erste Schloss. Wir sind im Scriptorium. Und da macht Tselda was Seltsames – fängt an, Bücher umzuräumen, benimmt sich wie hypnotisiert und kichert, als wäre sie beschränkt oder fünf oder beides. Minobe kümmert sich um sie, passt auf, dass die kleine Geheimniskrämerin nix Dummes macht. Ich knacke noch ein Schloss. Dann sind wir in der Bibliothek selbst. Überall Bücher. Alte, wertvolle Bücher. Und wir finden was. Das Buch, was zu Wismunds Code passt."Sagen und Mythen des Finsterkamms" – die 17. Sage: "Sage vom Wundertal". Das Buch, für das der nervige kleine Bibliothekar starb. Rhayad öffnet das Ding und findet handschriftliche Notizen drin. Wismunds eigene


Aufzeichnungen. Und was für Aufzeichnungen:

"Kor und Kelch im 1. Haus deuten auf Auseinandersetzung und schicksalhafte Bestimmung mit dem Kloster als Zentrum hin. Oger-Areuz in Opposition zu Nordstern im 6. Haus verweisen auf etwas ungeheuer Machtvolles und Negatives im Inneren. Ein Fluch oder ein Feind unter uns?"


Ich lese das und denke: Das ist Sternendeutung und Reinkultur! Von dieser Scheiße hab ich nie was gehalten. Entweder muss man ein verdammtes Genie sein, um das zu verstehen oder geistesgestört. Bin beides nicht... also dann Danke und weiter im Text.


"Ucimi irs Trigon zu Satinav heißt unmissverständlich: Triumph über die Zeit! Doch ein Fluch? Marbo und Madamal, aufneigend im Greif deuten auf ein Geheimnis hin, das mit dem Ende der Ordnung in Verbindung zu stehen scheint."


Ende der Ordnung. Nett. Sehr nett. Und dann wird's noch besser:


"Kaiserstern im Meridian, Rubine und Namenloses im 9. Haus verraten einen Heuchler: Er verfolgt einen Plan, der das Reich bedroht. Doch was hat dies mit Aras de Moth zu tun?"


Ah ja, jetzt wird's interessant. Ein Heuchler. Ein Plan. Das Reich in Gefahr. Und natürlich – Aras de Mott. Der verdammte Sarkophag unter uns.


"Nandus in Opposition zu Dolch und Schwert warnt vor Lüge, Verrat und Heimtücke. Ein schlechtes Omen! Eidechse und Rabe in Konjunktion zu Fuchs im 12. Haus weisen auf verborgene Feinde hin, die sowohl mit den Kräften des Lebens als auch mit denen des Todes in Verbindung stehen."


Verborgene Feinde. Mit den Kräften des Lebens UND des Todes. Das klingt nach Dämonen. Das klingt nach Borbarad.


"Das ist merkwürdig. Etwas Ungeheuerliches wird geschehen. Einzig Eidechse und Held stehen in Harmonie zueinander. Doch ist nur ein schwacher Hoffnungsschimmer. Praios steh uns..."


Der Satz bricht ab. Und ich denke: Der Mann hat das geschrieben, bevor man ihn umgebracht hat. Der Mann wusste was. Und jetzt ist er tot.


Es gibt noch andere Bücher hier. "Weitreichende Prophezeihungen". "Etherisches Geflüster" – inklusive Al'Anfanische Prophezeihungen, was von zu Hause, nett. "Das 50. Tor". Alles Zeug, das hier rumliegt wie verdammter Müll, aber keiner darf es sehen. Ein Original von "Offenbarungen der Sonne – Gespräche mit dem Götterboten" liegt auf nem Pult. Rhayad sagt, das zu mitnehmen wäre Frevel. Klar. Wie schön für uns. Den Schinken könnten wir vermutlich ziemlich teuer verscherbeln.


Dann gehen wir noch eine Etage höher. Und da kniet Nikola de Mott vor nem Schrein. Der verdammte Abt. Auf den Knien. Betet oder was weiß ich. Und das Beste – das absolute Beste: Minobes Zauber, dieser Exposami-Scheißzauber, kann ihn nicht sehen. Der Mann ist unsichtbar für Magie. Ist an sich ziemlich beeindruckend, allerdings für uns eher nicht so. Wir schleichen superleise zurück wie Diebe in der Nacht – was wir ja auch sind. Glück gehabt, würde ich sagen.


Ganz oben steht ne Sonnenuhr und ein Teleskop. Wismunds Arbeitsplatz. Der Kerl hat von hier oben den ganzen verdammten Himmel beobachtet, die Sterne gelesen, die Pläne der Götter und Dämonen studiert. Bis jemand ihn ins Wasser gelegt hat.

Wir gehen zurück zur Unterkunft.


In der Nacht beobachten wir, wie Kagrim, Emaran und dieser fette Koch Praiobur in die Küche gehen und nen Fass Bier rausholen. Motivation für die Arbeiter, sagt Kagrim. Klar und was ist mit unserer Motivation? Wir lassen sie passieren – was sollten wir auch sonst machen?

Rhayad stellt sich dann in das Magiephänomen rein. Der Typ stellt sich da einfach rein, in diese pulsierenden magischen Aufladungen. Es wird stärker. Der Mann leuchtet fast auf, tatsächlich passiert aber nix weiter. Dann macht er noch ne Runde und spricht mit Emaran, der heute Wachdienst hat. Was die beiden besprechen, geht mir eigentlich am Arsch vorbei, aber irgendwie auch nicht.


Die anderen kommen vom Lager zurück – Persephone, Edgenion und Khorim waren bis jetzt unten. Wir gehen schlafen. Oder versuchen es.


Am nächsten Morgen, nach dem Frühstück, stellt Rhayad Serkia zur Rede. Die Novizin, die Lagermeisterin, oder wie sich die nennt. Der Kerl fragt, warum sie ihn so verstohlen ansieht seit Wismunds Tot. Und dann packt die aus.


Am Tag vor Wismunds Tod – dem Tag, an dem wir das erst Mal bei Nikola de Mott waren – erzählte sie von Wismunds Aktion mit der Störung. Der Bibliothekar kam zurück zum Bergfried, nervös, verängstigt. Und dann erzählte er Serkia was. Was genau, sagt sie nicht. Aber es war wichtig genug, dass er danach wie gehetzt aussah. Ihre Eltern wollten, dass sie ins Kloster geht, erzählt sie. Was ja jetzt klar ist: nicht die beste Entscheidung. Sie sagt, sie gehört hier nicht her. Der Ort ist verflucht, sagt sie. Verflucht. Das Kind spürt was. Es weiß nicht was, aber es spürt es.


Und dann macht Rhayad was, das ich nicht erwartet hätte – er bietet ihr Schutz an. Der verdammte Schwarzmagier, dieser Arroganzbolzen aus Fasar, bietet einem verängstigten Mädchen Schutz an. Der Mann hat Herz, muss ich zugeben. Oder es ist Kalkül. Mit Rhayad weiß man das nie.


Aber das Wichtigste bleibt: Wismund wusste was. Wismund sah in den Sternen was – einen Plan. Einen dämonischen Plan. Einen Plan, der mit Aras de Moth zu tun hat, mit diesem verdammten Kloster, mit dem Blut in der Phiole unter dem Sarkophag. Und für dieses Wissen musste er sterben.


Ich sitze hier und denke: Wir sind nicht Ermittler. Wir sind nicht Helden. Wir sind Köder. Lebende, atmende Köder in einem Spiel, das wir nicht verstehen. Und die einzige Person in diesem Kloster, die die ganze verdammte Sache vielleicht durchschaut hatte – Wismund – ist schon tot.


Die fünf Silber pro Tag? Die sind längst Vergangenheit. Wenn wir hier lebend rauskommen, dann nicht wegen Geld. Das wird eine Schuld.


Und ich bin mir verdammt sicher: Es wird noch viel schlimmer.


Elf Tage bis zur Hölle. Besoffen macht das sicher mehr Spaß.

Nach dem ganzen Theater mit Serkia und Rhayads plötzlichem Herzenrwärmen gehen wir zu Kagrim. Der Zwerg sitzt in seinen Goldschmiedewerkstätten und palavert mit seinen Helfern. Minobe kommt mit rein und sofort zieht der Kagrim eine Visage wie eine verfaulte Weintraube. Er fragt, wo sie herkommt und sie antwortet wahrheitsgemäß mit mitschwingendem Stolz, Maraskan. Sie kommt aus dem Bannland, dem Echsenland. Als würde das für den Rest erklären, warum er mit ihr nicht reden will. Ich schweige, weil mir ehrlich gesagt die Zeit zu wertvoll ist, um bei jedem beschissenen Vorurteil ein Loch in die Wand zu starren.


Rhayad fragt dann den wichtigen Kram, Minobe darf ja nicht. Wer hat den Bauplan gemacht, ob Kagrim wisse, was mit den Intarsien sei und diesen ganzen Mist. Die Pläne haben de Mott und Jandrim angeblich in Gareth erstellt. Beide. Zusammen. Das ist... seltsam, irgendwie. Ich meine, was interessiert sich de Mott für den Bauplan an sich. Sowas delegiert man an Fachpersonal. Und warum in Gareth? Rhayad fragt noch, ob Kagrim Tunneltreiber kennt. Tut er, aber irgendwie weiß er nicht, warum das wichtig wäre. Das frage ich mich ehrlich gesagt auch. Minobe erklärt später, dass der Typ wohl auf Seiten der Orks am Start war und sich als Arschloch herausgestellt hat. Schön, aber nochmal, was zur Hölle hat das mit unserem Mist hier zu tun? Egal, wie sind hier fertig. Kagrim selbst wirkt eigentlich in Ordnung. Der Mann ist ehrlich wirkend, und von dem, was ich sehe, hat er keinen Grund zu lügen. Das macht diesen ganzen Scheiß hier aber nicht weniger verstörend.


Dann macht Minobe was mit ihrem Astrolabium, er krasses Teil, womit man Sterne voraussagen kann oder so ähnlich. Sie schaut sich die Intarsien in der Baukarte an – die Verzierungen, die Muster – und erkennt was: Eine Sternenkonstellation! Und die kommt in elf Tagen. Elf verdammte Tage. Sie sagt's Rhayad, und der Schwarzmagier nickt langsam, als würde er verstehen, was das bedeutet. Ich verstehe es auch. Wismund – unser toter Bibliothekar – der hatte diese Konstellation in der Kuppel erkannt. Das hatte er aufgeschrieben, bevor ihn jemand ins Wasser gelegt hat. Und die geplante Templeweihe? In neun Tagen. Neun Tage bis zur Weihe, elf Tage bis zur Konstellation. Das ist kein Zufall. Das kann kein Zufall sein.


Auf dem Weg zum schwarzen Hügel spekulieren wir wie wild. Minobe stellt eine Theorie auf, die mir den Magen umdreht: Was ist, wenn der Überfall auf de Mott nur inszeniert war? Was ist, wenn jemand ihn ausgetauscht hat gegen einen Strohmann? Einen Doppelgänger? Und dieser Strohmann hilft dann den Borbaradianern, einen astralen Knotenpunkt aus dem Tempel zu machen. Ein Kanal für Magie. Ein Ritual. Etwas Großes, das in elf Tagen stattfindet, wenn die Sternenkonstellation am Himmel steht.


Das ist... brutal intelligent, muss ich zugeben. Aber es wirft noch mehr Fragen auf: Was wollen die Saboteure wirklich? Sind sie nur Ablenkung? Oder sind die Orks selbst die Saboteure? Vielleicht wollen sie das Kloster zurück, oder sie wollen auch einen Ritual-Platz aus dem Heiligtum machen – wofür auch immer. Und dann ist da noch die Sache mit der Krypta. Die Orks haben während des Krieges alles zerstört – alles außer Arras de Motts Krypta. Das heiligste Heiligtum. Warum? Respekt? Oder Absicht?


Verdammt, je mehr ich denke, desto weniger ergibt Sinn.


Der schwarze Hügel ist so beschissen wie erwartet. 300 Orks, aufgestapelt wie Holz, dann verbrannt. Die Überreste sind... na ja, Verwesungsgeruch, Knochen, Asche. Nicht mein Lieblingsspaziergang. Rhayad beschwert sich die ganze Zeit über die Wildnis – als hätte er was anderes erwartet. Minobe stimmt ihm zumindest soweit zu, dass die Ereignisse im Kloster wichtiger wirken, als hier im Dreck zu wühlen. Ich stimme ihnen stumm zu und konzentriere mich auf die Spuren. Und da sind viele davon. Aber sie führen nicht über den Hügel. Sie führen drumherum. Bewusst umgangen. Das ist eine Botschaft: Jemand will nicht über 300 verbrannte Ork-Kadaver gehen. Warum? Was ist daran so verdächtig? Scheiße, gar nichts! Wer zum Teufel würde denn durch knietiefe, stinkenden Überreste dieser stinkenden Schwarzpelze warten. Keiner, der bei Verstand ist zumindest.


Dann höre ich Persephone rufen. Das Mädchen hat echten Instinkt. Sie findet ein Pferd – braun, mit Sattel, ohne Reiter. Das Vieh sieht aus, als hätte sich seit ein paar Tagen keiner drum gekümmert. Fell stumpf, Mähne zerzaust. Aber was Tselda sofort auffällt: Das Wappen auf dem Sattel. Die von Falkensteins! Das ist das Pferd ihres Onkels, Emmerich von Falkenstein. Ein Anconit, ein Heiler. Verdammter Scheißzufall. Wer's glaubt...


Wir öffnen die Satteltaschen. Proviant – angefressen, aber noch in Ordnung. Decken. Kochgeschirr. Zwei Bücher: "Enzyklopedia Magica" und "Wunderbare Heilung ohne Wunder". Der Kerl ist gebildet, interessant sich für Magie und Medizin. Geldbeutel mit ein paar Münzen – nicht gerade reich verteilt, aber auch nicht arm. Dann die silberne Schale. Elfisch, verziert, eine Alchemistenschale. Vermutlich ziemlich Wertvoll, finde Persephone auch. Und dann – verdammt – die Phiole. Durchsichtig, mit einer hellroten Flüssigkeit. Was zum Teufel ist das? Blut? Gift? Beides?


Aber das Schlimmste kommt noch. Eine Kristallschatulle mit einem Splitter Obsidian darin. Magisch. Minobes verdammtes Auge – das fängt sofort an zu pochen. Zu vibrieren wie ne Tarantel. Was sie sieht, sieht aus wie eine tentakelartige, verändernde Zaubermatrix mit längeren Fäden. Das ist kein einfacher Stein. Das ist ein Splitter von etwas Größerem. Von einem Artefakt. Also dieser Scheiß kommt nicht von mir. Das sind Minobes und Rhayads Worte. Ich will eigentlich nichts damit zu tun haben, ehrlich gesagt.


Wir nehmen das Pferd mit. Tselda behält die Satteltaschen und den Rest – "Familieneigentum", sagt sie. Rhayad kriegt die "Enzyklopedia Magica", Minobe die "Wunderbare Heilung ohne Wunder". Die Phiole und die Kristallschatulle verschwinden in Taschen. Niemand spricht drüber, aber alle wissen: Das ist nicht normal. Das ist nicht zufällig.


Im Kloster geben wir das Pferd an Larissa. Sie kennt das Pferd, kennt den Kerl. Das ist nicht einfach ein verlorener Wanderer. Tseldas Onkel kam öfter hier durch. Nett und hilfsbereit. Warum stellt der plötzlich ein Problem dar, was beseitigt werden muss? Zufall? Sicher nicht! Oder war er nur zur falschen Zeit am falschen Ort?


Ich zünde mir ne Kippe an. Fünf Silber pro Tag? Ein Witz. Ein verdammt schlechter und beschissener Witz.


Unterbezahlt und trotzdem mitten drin

Nachmittag. Wir sitzen in unserer Unterkunft – hier riechts irgendwie immer noch nach Knast – und spekulieren wie wild. Die ganze verdammte Situation dreht sich wie ein Karussell in meinem Kopf. Drei Parteien, Saboteure, Borbaradianer und die Praiositen. Wie passt das alles zusammen und wer will hier eigentlich was; und vom wem und wieso?


Rhayad hat eine Theorie. Er sagt, wir sollten Bormund damit konfrontieren. Einfach hin und sagen: „Lieber Bormund, wir wissen, dass Wismund etwas wusste." Könnte klappen, dass die Reaktion von Bormund uns mehr Aufschluss liefern könnte. Bormund ist ein verdammter Aal, aber auch der klassische Speichellecker. Wenn er nichts weiß, dann wird er versuchen selber was rauszufinden. Wenn er was weiß, dann wird er rumdrucksen und versuchen de Mott noch weiter in den Arsch zu kriechen.


Während wir noch überlegen, wie wir diesen Schleimscheißer am besten anpacken, bemerkt Minobe plötzlich etwas. Am Tor. Ein Mann. Mitte 40, würde ich sagen. Er führt ein Maultier am Zügel. Ein Fremder. Der Kerl bittet um Einlass ins Kloster.


Minobe schlendert ihm hinterher als wäre sie auf Bummeltour in Gareth. Sie will wissen, wer dieser Typ ist. Der Mann begibt sich direkt zur Krankenstation. Ucurius öffnet ihm und lässt ihn ein. Das ist interessant. Ein zufälliger Besucher? Oder noch ein verdammter Teil dieses Spiels?


Khorim hat eine Idee – praktisch, muss ich zugeben, aber auch nen bisschen irre, denn es kam mir so vor, als hätte Nummer 9 Spaß daran, sich den Arm aufzuschlitzen. Der Kerl verwundet sich selbst mit einer Schnittverletzung und geht zur Krankenstation, um einen Vorwand zu haben, diesen Fremden zu befragen. Minobe, Edgenion und Persephone begleiten ihn. Ich bleibe hier und faulenze herum. Jemand muss den Platz warm halten, dachte ich mir.


Sie kommen später zurück mit Informationen. Der Fremde heißt Orbrandt. Ein Kräutersammler und Heiler aus Havena. Der Kerl ist dabei, nem Handwerker bei einer Verletzung am Fuß zu helfen. Khorim hat ihn gefragt, was ihn hierher gebracht hat, und Orbrandt antwortet, dass ihn die Pflanzen und Kräuter hergezogen haben. Er ist ein Heiler, ein Kräutersammler, sonst nichts besonderes. Zumindest das ist seine Geschichte.


Für heute bietet Orbrandt an, seine Dienste anzubieten – für eine Mahlzeit und ein Bett für die Nacht. Der Mann ist schlau, das muss ich zugeben. Er bringt sich selbst hier unter, beobachtet das Kloster von innen. Oder er ist wirklich nur ein verdammter Kräutersammler und Heiler, und ich sehe überall Verschwörungen.


Rhayad, der das Ganze auch eher skeptisch gesehen hat, kommentiert später: Blutmagie, sagt er zu Khorim. Er wäre doch vorsichtiger hier mit Blut zu hantieren. Der Schwarzmagier kennt sich mit sowas aus, besser als mir lieb ist. Außerdem, die Phiole mit getrocknetem Blut des Ober-de-Motts ist nicht zufällig da. Ich frage ihn, was das bedeuten soll, und er antwortet nicht wirklich. Das ist typisch Rhayad – er sieht Dinge, die anderen verborgen bleiben, und sagt einem dann nicht, was verdammt noch mal nicht stimmt.


Es ist mittlerweile früherer Abend. Die Sonne senkt sich hinter den Bergen. Das ist der Moment, in dem dieses verdammte Kloster am unheimlichsten wird. Dunkel, kalt, scheiße eben.


Und prompt gehts los.

Wir hören draußen Geschrei. Richtig lautes Geschrei. Mehrere Stimmen, die sich anbrüllen. Edgenion und ich rennen raus, um zu sehen, was los ist. Auf dem Hof – zwischen den Werkstätten – zwei Handwerker. Ein Zwerg und ein Mensch. Die beiden brüllen sich an wie Besessene. Der Streit ist heftig. Es geht um die Höhe einer unfertigen Mauer. Verdammte Erbsenzählerei, wenn ihr mich fragt. Aber komisch ist es schon. Der Zwerg regt sich auf, dass der Mensch über die Mauersteigt. Die sei noch nicht mal hüfthoch. Zum Totlachen, ehrlich. Zwergenhüfthoch... was soll das sein? Ne Bordsteinkante?


Ingrom
Ingrom

Aber dann eskaliert die Sache. Die beiden schlagen aufeinander ein. Die volle Nummer, Fausthiebe, Tritte, alles dabei. Und plötzlich – wie von nichts – kommen mehr Handwerker hinzu. Ein paar hier, ein paar da. Und zack – es ist wie auf dem Schulhof früher, nur echter irgendwie. Durchaus Unterhaltsam, dachte ich mir. Bringt ein wenig Leben in die Bude.


Thoram
Thoram

Edgenion hat eine verdammte brillante Idee. Der Kerl stellt sich auf einen Tisch und fängt an zu musizieren. Zu singen. Seine Laute erklingt, und das Lied ist... eigentlich nicht schlecht. Die Leute bleiben stehen. Sie hören auf, sich gegenseitig zu verprügeln, und sie hören stattdessen zu. Es ist verdammt clever, ehrlich gesagt.


Aber dann kommt Bormund angerannt. Der Kerl ist rot wie ne gekochte Krabbe, und er brüllt wie besessen: „Wie könnt Ihr es wagen, hier ein Lied anzustimmen! Hier wird nicht gesungen – das ist hier untersagt!"


Rhayad antwortet kühl: „Ihr seht doch, was es bewirkt hat." Der Schwarzmagier zeigt auf die Keilerei, die sich gerade aufgelöst hat. Die Handwerker trennen sich. Das Chaos wird weniger. Edgenions Musik hat das verdammte Problem gelöst.


Bormund sieht das auch, aber er kann halt nicht anders, als die Arschlochkarte zu spielen. Er starrt Edgenion an wie ein Mann, der gerade beschlossen hat, jemanden später umzubringen. Man kann hören, was er denkt. Es wäre fast schon komisch, wenn wir nicht hier drinnen wären.


Ucurius und Orbrandt – der Fremde – kommen aus der Krankenstation und schauen, ob es Verletzte gibt. Rhayad verzieht sich in eine Ecke und zaubert einen Odem – irgendein magischer Scheißdreck, der ihm hilft zu sehen, ob jemand veraubert wurde. Minobe begleitet ihn. Weder beim Menschen noch beim Zwerg finden sie Ungewöhnliches. Sieht so aus, als wäre es einfach nur mal um ne gute alte Gesichtsmassage gegangen. Vertehe ich gut.

Bormund versucht Ordnung in das Getümmel zu bringen, und langsam beruhigt sich die Sache. Aber die bösen Blicke, die der HÜter Edgenion zuwirft, sind verdammt unmissverständlich.


Später kommt Serkia zu uns. Die Novizin sieht nervös aus. Sie berichtet, dass der hohe Lehrmeister – de Mott – uns nach der Abendmahlzeit zu einem kurzen Lagebericht sehen möchte. Ein Statusreport. Das klingt nach nichts Gutem, kann ich euch sagen, gehört aber leider zum Deal.


Wir begeben uns zum Essen. Alles läuft normal ab. Zu normal, wenn ihr mich fragt. Wir essen, wir reden, und ich beobachte die anderen. Rhayad begibt sich zu den beiden Prügelknaben – Ingrom und Thoram, glaube ich – und fragt sie, was die ganze Keilerei sollte. Sie sagen, dass es eine „normale" Rauferei war. Ein Streit, der eskaliert ist. Mehr nicht. Die beiden sitzen mittlerweile am gleichen Tisch und haben sich augenscheinlich wieder vertragen. So muss das sein, ein paar Zähne fliegen aber hinterher einen Saufen. Richtig so!


Ich sehe, wie Serkia und Kargrim uns verstohlen Blicke zuwerfen. Die beiden schauen immer wieder zu uns rüber. Der Goldschmiedemeister wirkt nervös. Naja, nervöser als sonst. Beim Verlassen des Speisesaals spreche ich Kargrim, so beiläufig, bin ja kein kompletter Idiot. Der Zwerg steckt mir verstohlen einen Zettel zu. „Wir sprechen uns morgen", flüstert er noch. Dann weg. Der Kerl ist weg wie der Wind.


Ich übergebe den Zettel an Khorim. Persephone spricht auf die gleiche Weise Serkia an. Die Novizin wird aber nur knallrot und verschwindet in der Dunkelheit. Das Mädchen sagt nichts. Die Kleine hat vermutlich ihre Gründe, aber ich bin nicht der Typ, der Leute zum Reden zwingt. Haha, kleiner Scherz, bin ich eigentlich doch, sind diese Talente hier noch fehl am Platz. Noch!


Dann werden wir aufgefordert, zu Nikola de Mott zu gehen. Der Abt wartet. Bormund ist auch da – der Kerl starrt Edgenion die ganze Zeit an, als würde er ihn am liebsten direkt auf den Scheiterhaufen schmeißen. Jandrim ist auch da. Das Trio – de Mott, Bormund und Jandrim. Die drei, die vermutlich alles wissen.


Rhayad ergreift das Wort und berichtet ruhig und sachlich:

Erstens: Die vergifteten Tiere sind auf mit Rattengift versetztes Futter zurückzuführen.

Zweitens: Das Feuer im Lager wurde anscheinend von Orks gelegt, da Orkspuren vom Lager wegführten.

Drittens: Der Mord an Wismund ist noch ungeklärt. Die aufgeschnittenen Adern könnten auch von jemandem anderen ausgeführt worden sein.

De Mott hört zu. Der alte Bastard hört nur still zu. Dann fragt er: „Habt Ihr einen Verdacht, wer hinter allem steckt?"

Rhayad antwortet ehrlich: „Nein, nichts, was man mit Beweisen belegen könnte."

De Mott nickt langsam. „Was glaubt Ihr, was hier passiert?"

Der Schwarzmagier antwortet: „Die Fertigstellung des Tempels wird offensichtlich gestört und soll verhindert werden."

De Mott sieht ihn an und fragt: „Ihr habt noch keine Lösung für uns?"

Bormund platzt dazwischen. Der Kerl mach ein Gesicht, als würde es ihm Schmerzen bereiten, was er sagen will: „Dieser dort hat hier musiziert!!!" Er zeigt auf Edgenion wie auf einen Verbrecher.

De Mott ist aber klüger. Er sagt: „Richtig, aber nach allem, was ich gehört habe, hat dadurch eine Auflösung des Tumults stattgefunden."

Bormund macht ein verkniffenes Gesicht. Der Kerl will was sagen, aber er sagt nix. Klar ist, de Mott hat hier da Sagen, Punkt!

De Mott fragt weiter: „Wie gedenkt Ihr weiterzufahren? Was hat es mit dem Kräheangriff auf sich? Vermutet Ihr auch hier die Orks als Verursacher?"

Rhayad antwortet: „Es gibt durchaus auch unter den Orks magisch Begabte – es wäre also denkbar!"

De Mott nickt. „Wie wollt Ihr nun fortfahren? Wollt Ihr der Orkspur weiter folgen?"

Rhayad sagt vorsichtig: „Wir beraten uns hierzu noch."

Edgenion fragt dann, ob Steinmetze abgestellt werden könnten, um die Mauer zu reparieren. Das ist praktisch gedacht. Eine beschädigte Mauer ist eine Sicherheitslücke.

Aber De Mott antwortet: „Es wäre wichtiger, den Bau des Klosters voranzutreiben. Wenn es erstmal fertig wäre, würde das Kloster selbst genug Schutz bieten."


Das Gespräch verlief so, dass einem Zweifel kommen können, ob de Mott hier wirklich der Drahtzieher ist. Er gibt vor, keine Ahnung von all dem Weltlichen zu haben. Ist das nur gut gespielt oder sind die hier tatsächlich Opfer?


Jedenfalls versprechen wir dann, einen Plan zu schmieden, um den ganzen Scheiß aufzuräumen und diesen in Kürze vorzustellen. Dann sind wir raus.


Wir verlassen die Besprechung und überlegen, wie wir uns zur Wache aufteilen. Edgenion hat ne Idee – an den Maueröffnungen dünne Fäden oder Garn spannen. Damit würde man entdecken, wenn sich dort jemand einschleicht. Am Haupttor und am Arbeitertor würde er ebenfalls Garn spannen. Kontrolliert werden müssen die Fäden dann vor der Morgenandacht. Das ist clever. Simpel aber clever. Wenn der Saboteur nachts aktiv ist, werden wir es merken. Wir spannen also Garn. Überall. An den Toren, an den Maueröffnungen.


Minobe nimmt sich den Zettel von Kargrim vor und analysiert das verdammte Ding. Sie findet heraus, dass es sich um eine Zeichnung handelt, die mittig einen unbekannten Standort kennzeichnet. Darüber sind die Mondphasen dargestellt. Darunter fünf der sechs Elemente – Eis fehlt darauf. Die Zeichnung deutet daraufhin, dass zum Vollmond etwas am markierten Standort geschehen wird.


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Das ist... ich hab keine Ahnung, was das ist. Ein Plan? Ne Karte? Ne Anleitung, was bei Vollmonf passieren wird? Und Kargrim will morgen mit uns reden? Der Zwerg wird den Wismund machen... Rhayad ahnt das auch und will sich auf den Weg zu Kargrim machen.


Fünf Silber? Ich glaube, wir lassen uns hier kolossal verscheißern. 50 Silber wären noch günstig, wenn ihr mich fragt.


Hexen, Harpyien und Hundesöhne

Die Nacht planen ist ja schon ne Kunst für sich. Wir sitzen alle in dieser verdammten Unterkunft rum und verteilen uns wie Schachfiguren auf einem verdammten Brett. Edgenion hat die brillante Idee mit dem Garn – der Kerl will Fäden vor den Eingängen spannen und dann die ganze Nacht wie nen psychotischer Spinner (ich hoffe sehr, dass diese Wortspiel verstanden wird) Wache halten. Rhayad und ich wollen zum Lager runter, um mit Kagrim zu reden. Schließlichg ist der Letzte, der Informationen hatte, eines plötzlichen Todes gestorben. Minobe will mit diesem Orbrandt-Kerl quatschen und dann die Gegend erkunden. Khorim passt auf die Novizen auf – der Mann hat ein Herz für die Kleinen und das offenbar nicht nur für Vögel, scheinbar. Persephone geht auf die Mauer, um alles zu überblicken. Und Tselda? Die ist weg. Einfach weg. Sagt keinem, wohin. Typisch...


Also machen Rhayad und ich uns auf den Weg zum Lager. Es ist spät, der Mond hängt über den Bergen wie nen riesiger blasser Schädel. Unheimlich, wenn man mich fragt. Wir kommen an, und da sitzen sie um ein Lagerfeuer: Jandrim, Kagrim, Ballasch und Kuwim. Alle mit Bier in der Hand. Sie laden uns ein – nett von ihnen, das muss ich zugeben. Rhayad und ich setzen uns hin, nehmen uns jeweils nen Becher. Wir sprechen Jandrim auf die Intarsien an. Das komplizierte geometrische Zeug, die magischen Muster in der Kuppel. Der Zwerg macht nen Gesicht, als hätten wir ihn gerade gefragt, was er zum Frühstück gegessen hat. Nichts Besonderes, sagt er. Nur Dekoration. Nur verdammte Dekoration! Klar. Und ich bin der König von Gareth persönlich. Rhayad fängt dann an zu philosophieren – der Mann redet über Praios, über Sphären, über den ganzen esoterischen Mist, von dem ich sowieso nichts verstehe. Ich sitze da, trinke Bier, und höre zu, wie dieser Schwarzmagier einem Zwerg Vorlesungen über hält. Die Zwerge nicken einfach ab wie ferngesteuerte Puppen. Es ist absurd. Dann sagt Jandrim was, das mich aufhorchen lässt: Sie sind nur Handwerker. Sie führen einen Auftrag aus. Fertig. Keine großen Geheimnisse, keine versteckten Agenden. Entweder der Kerl lügt verdammt gut, oder wir sind alle paranoid. Rhayad wirkt nen Odem-Zauber – wieder so ein magischer Schnick-Schnack, der zeigen soll, ob jemand verzaubert ist. Aber er findet nichts. Keine Verhexung, keine Verfluchung, keine Verzauberung. Einfach nur normale Zwerge, die einen Job machen.


Ich muss pissen, und mach Kagrim unmissverständlich klar, dass er jetzt auch muss. Der Goldschmied versteht die Botschaft und folgt mir weg vom Feuer, in die Dunkelheit hinein. Rhayad merkt, was ich mache, und lässt mich gewähren. Der Mann ist zwar arrogant, aber alles Andere als blöd. Kagrim ist sauer, dass wir ihn mit unserer Anwesenheit hier in Gefahr bringen. Ach echt? Hält er sich für ne Schlüsselfigur? Das Bier war schlecht würde ich sagen. Das Kloster ist verflucht, sagt er. Verdammt verflucht. Er will weg. Jetzt. Sofort. Der Kerl ist nervös, angespannt, sieht sich ständig um, als würde gleich jemand aus der Dunkelheit springen. Ich kenne diesen Blick – das ist die reine Angst. Und dieser Zettel? Den hat er im Küchenkeller gemacht. Es gibt da mehr davon. Das ist die Information, die uns weiterbringt.


Währenddessen sitzt Minobe in unserer Unterkunft und redet mit diesem Orbrandt-Kerl. Der Heiler beschäftigne nen verletzten Fuß zu versorgen. Sie fragt ihn aus – nicht offensichtlich, sondern geschickt, wie jemand, der sowas schon öfter gemacht hat. Leuchtende Berge? Fruchtbare Täler? Der Mann wird aufmerksam, fast hellhörig. Er kennt nen Berg, sagt er. Die Goldspitze. Sieht aus wie Gold, wenn die Sonne draufscheint. Minobe nickt, als würde das alles Sinn ergeben, und speichert diese Information ab wie eine Schatulle mit Diamanten.


Edgenion spannt derweil überall Garn. Der Kerl sieht aus wie nen verrückten Künstler bei einer Installation – Fäden über dem Haupttor, der Handwerkerpforte, überall wo jemand nachts eindringen könnte. Der Plan ist eigentlich ganz clever. Wenn der Saboteur nachts aktiv ist, werden wir es merken. Bormund hat auch Wache und folgt Persephone wie nen verdammter Stalker, das Mädchen auf der Mauer ständig im Auge. Der Kerl ist nervös. Ich kann das sehen, auch wenn ich nicht dabei bin. Die Nacht läuft relativ ruhig – zu ruhig, wenn ihr mich fragt – bis Edgenion bemerkt, dass Bruder Tobur, unser nerviger Bibliothekar, nachts in der Tempelbaustelle rumschleicht wie nen Dieb. Der Mann versteckt sich, kriecht durchs Gelände, schaut sich ständig um. Persephone und Khorim bekommen das auch mit. Er und Edgenion gehen hinterher. Nur Persephone geht offen rein mit gezogenen Waffen. Naja, sie macht das, was Bormund ihr aufgetragen hatte. Aber den hätte ihr sehen sollen. Während sich die Kleine mit dem Leopardentatoo am Arsch fast Katzenartig von der Mauer schwingt, könnten man meinen Bormund hat gestern erst gelernt aufrecht zu gehen.


Andra
Andra

Es wäre zum Totlachen, wenn er nicht so ein Arschloch wäre. Sie stellt Tobur auf nem Gerüst zur Rede, und der Kerl bittet sie darum, ihn nicht zu verraten. Was für ne verdammte Jammerei! Dann stellt sich raus, warum: Der Mann wollte ein Techtelmechtel mit der Schreinerin Andra im Stall haben. Ein verdammtes Liebestreffen mitten in der Nacht! Der Kerl riskiert alles für nen schnellen Quickie mit nem Mädchen. Zugegeben, er hätte ne schlechtere Wahl treffen können. Bormund hatte es dann auch irgendwann geschafft und tat so, als hätten wir alle auf ihn gewartet. Edgenion hat ihr mit ner Geschichte von nem Eichhörnchen abgespeißt. Was soll ich sagen, der Trottel kauft ihm das ab. Danach lässt Persephone Tobur gewähren – die kleine Kopfgeldjägerin hat mehr Mitleid in sich, als ich dachte. Tselda taucht auf und murmelt irgendwas mysteriöses: "Das hat seinen Preis", sagt sie. Interessant. Sehr interessant. Oder auch nicht, wer versteht die schon. Aber das Wichtigste ist das, was Minobe, auch dazugekommen war, sieht: Die Kraftlinie. Die verdammte magische Linie hat sich bewegt. Sie ist jetzt im Tempel. Das ist nicht zufällig.


Und dann – während wir noch damit klarkommen, dass ein Priester ein Liebestreffen plant – fällt der nächste Hammer. Minobe nimmt Anlauf und dann... fliegt sie einfach weg. Literalisch. Hexenflug. Die Frau schießt in die Luft wie nen Rabe mit Flügeln. Sie hat ne Besen oder sowas – verdammt, ich weiß es nicht genau – und dann ist sie weg. Rhayad guckt gar nicht überrascht. Der Schwarzmagier sitzt da mit nem Gesicht, als hätte er sowas jeden verdammten Tag. Der wusste das anscheinend schon. Der Kerl ist verdammt zu ruhig für sowas. Aber Khorim, Edgenion, Persephone und ich? Wir gucken wie die Idioten. Eine Hexe. Mitten unter uns. Die ganze Zeit.


Sie kommt viel später zurück – völlig ruhig, als würde sie jeden Abend fliegen. Sie berichtet: Die Goldspitze existiert wirklich. Ungefähr zwei Drittel die Höhe hoch gibt es eine Höhle mit drei Lagerfeuern. Kein Wundertal, das zum Relief passt, aber auch kein normales Lager. Und dann – verdammt – hört sie Flügelschlagen. Harpyien! Die verdammten Bestien kreisen über dem Kloster wie Aasgeier über nem Kadaver. Wild, verrückt, kehkernd wie Irre. Minobe macht nen geschicktes Manöver, wird nicht entdeckt, kommt zurück ins Kloster ohne dass jemand sie sieht. Also haben wir jetzt Harpyien über unserem Praioskloster. Was zum Teufel sollen diese Bestien hier? Das ist keine gute Nachricht.


Während die Hexe weg ist – Persephone, Rhayad und ich machen uns auf den Weg in den Kellerkeller unter der Küche. Ich knacke das Schloss am Bergfried wie nen Profi. Der Mann, der ein Leben als Sklavenhändler gelebt hat, kennt sich mit Schlössern aus. Das ist nen angenehmer Nebeneffekt von meiner Karriere in Al'Anfa. Und dann – an einer Wand im Keller der Küche. Der Putz ist abgeschlagen worden, wie bewusst, wie absichtlich. Darunter ein Relief. Dasselbe verdammte Bild wie auf Kagrims Zettel. Die Mondphasen, die fünf Elemente ohne Eis, die Konstellation. Das vollständige Bild, das im Boden verschwindet, in die Tiefe hinab. Und hier ist die Sache, die mir den Magen umdreht: Der Baustil ist anders. Älter. Viel älter. Das Kloster steht nicht auf leerem Grund. Das Kloster steht auf etwas Älterem. Etwas, das lange vor Aras de Moth hier war. Etwas, das dieser verdammte Abt anscheinend weiß. Und das ist – verdammt – nicht gut. Das ist überhaupt nicht gut.


Am nächsten Morgen wird alles noch schlimmer. Das elektrostatische Gefühl, das Rhayad und ich schon spürten, wird stärker. Die Luft kribbelt wie vor nem Gewitter. Und dann – Kagrim taucht nicht auf. Der Goldschmied hat das Lager verlassen. Einfach weg. Der Mann war so verängstigt, dass er in der Nacht weggelaufen ist.


OFfenbar hatten Jandrim und Kagrim einen Wortwechsel, einen heftigen. Der Goldschmied sagte, dieser Ort ist böse. Verdammter Ort. Jandrim antwortet: Er komme aus Xorlosh und dort bringt man zuende, was man begonnen hatte. Kagrim frand das wohl scheiße und hat sich dann verpisst.


Irgendwie schmeckt die Kippe heute morgen beschissen, aber vielleicht sollte ich sie lieber genießen. Wer weiß, wie lange ich das noch kann. Fünf Silberstücke? Ich hab schon für weniger gearbeitet, aber das hier? Ich glaube, ich hab mich noch nie so über den Tisch ziehen lassen.

 
 
 

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